Regierungskrise in Italien: Ministerpräsident Mario Draghi tritt zurück

Da drei Koalitionsparteien der Vertrauensabstimmung fernblieben, tritt Italiens Ministerpräsident Mario Draghi zurück. Dieser stellt vorgezogene Neuwahlen für Anfang Oktober in Aussicht. Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat den Rücktritt von Regierungschef Draghi inzwischen angenommen.

Zum zweiten Mal binnen einer Woche bietet Italiens Ministerpräsident Mario Draghi seinen Rücktritt an. Er hat ihn am Donnerstag bei Staatspräsident Sergio Mattarella eingereicht und der Rücktritt wurde inzwischen angenommen.

"Vor dem Hintergrund der Abstimmung gestern Abend im Senat bitte ich, die Sitzung zu unterbrechen, weil ich mich zum Präsidenten der Republik begeben werde, um ihm meinen Entschluss mitzuteilen", sagte Draghi am Donnerstag in der Abgeordnetenkammer.

Mattarella hatte das erste Gesuch vergangene Woche abgelehnt, woraufhin Draghi schließlich im Parlament die Vertrauensfrage stellte. Im Senat gewann er diese am Mittwoch zwar, nicht aber mit den Stimmen aller Koalitionspartner.

Auslöser der Regierungskrise war das ausgebliebene Vertrauen der Fünf-Sterne-Bewegung für das Kabinett des parteilosen Ex-Chefs der Europäischen Zentralbank. Bei einer Abstimmung vor einer Woche hatte die mitregierende Mitte-Links-Partei Draghi wegen Uneinigkeiten über ein Hilfspaket und den darin enthaltenen Bau einer Müllverbrennungsanlage in Rom das Vertrauen verweigert und damit die Regierungskrise eskalieren lassen. Draghi reichte daraufhin bei Staatschef Mattarella seinen Rücktritt ein. Draghi forderte vergeblich am Mittwoch in einer Rede die Unterstützung der zerstrittenen Regierungsparteien, wenn sie wollten, dass er weitermacht. Dabei sprach er von einem "Pakt des Vertrauens", der am vergangenen Donnerstag gebrochen worden sei.

In ihren Reden machten die rechten Parteien die Fünf-Sterne-Bewegung für die Regierungskrise verantwortlich. Die mitregierenden Mitte-Rechts-Parteien Forza Italia und Lega wollten eine Regierungsfortsetzung nur unter Ausschluss der Sterne-Politiker.

Von Italien wird erwartet, im zweiten Halbjahr 2022 noch wichtige Gesetzesvorhaben – üblicherweise "Reformen" genannt – umzusetzen, damit es EU-Gelder des Corona-Wiederaufbaufonds aus Brüssel in Milliardenhöhe erhalten kann. Außerdem muss das Land den Haushalt für 2023 planen und bis Ende des Jahres im Parlament absegnen lassen. Da eine neue Regierung möglicherweise erst Anfang November steht, bliebe dann nicht mehr viel Zeit.

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