Hausdurchsuchungen und Sanktionen – Russischer Motorradclub Nachtwölfe im Visier der EU

Nach Angaben des Chefs des russischen Motorradclubs Nachtwölfe hat es bei mehreren in der Europäischen Union ansässigen Clubmitgliedern Hausdurchsuchungen gegeben. Zuvor hatten Medien über bevorstehende EU-Sanktionen gegen den Club berichtet.

Die EU schnürt ein weiteres Sanktionspaket gegen fast 50 Einzelpersonen und mehrere russische Unternehmen, berichteten Reuters und EUobserver am Dienstag unter Berufung auf einen Dokumentenentwurf. Unter anderem sollen die Sanktionen den Motorradclub Nachtwölfe, dessen Leiter Alexander Saldostanow (Spitzname Chirurg) und seine Klubkollegen treffen. Ein Mitglied des Clubs ist laut Medienangaben slowakischer Staatsbürger. Im Rahmen der Sanktionen werde die Slowakei aufgefordert, sein Vermögen einzufrieren und ihm die Einreise in die EU zu verbieten, hieß es in dem Bericht.

Die Nachtwölfe gelten als Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Seit dem Jahr 2014 beteiligen sie sich aktiv an den politischen Prozessen auf der Krim und in der Ostukraine. Noch vor dem Referendum auf der Halbinsel eskortierten die Biker einen humanitären Hilfskonvoi nach Sewastopol. Vergangenes Jahr erhielt Saldostanow vom Oberhaupt der Volksrepublik Donezk einen Pass der Volksrepublik. Die USA, Kanada und die Ukraine hatten gegen ihn bereits vor mehreren Jahren Sanktionen verhängt.

In Deutschland sind die Biker vor allem für ihre "Siegesfahrten" bekannt. Im Jahr 2015 unternahmen sie erstmals eine Tour von Moskau nach Berlin, die dem Sieg im Zweiten Weltkrieg gewidmet war. Doch die Tour erwies sich als problematisch: Erst wollte Polen den Club nicht über die Grenze lassen, dann auch Deutschland. Aus deutschen Regierungskreisen hieß es damals: "Führenden Mitgliedern der Nachtwölfe wird die Einreise nach Deutschland verweigert, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichene Visa wurden annulliert." Einige Biker schafften es jedoch trotzdem bis ans Ziel. Auch in darauf folgenden Jahren kamen die Nachtwölfe zum Jahrestag des Kriegsendes mehrmals nach Berlin.

Am Mittwoch sprach Saldostanow von Hausdurchsuchungen bei in der Europäischen Union lebenden Mitgliedern des Clubs:

"Vor einigen Tagen kam es zu Durchsuchungen, Druck und sogar Festnahmen in vielen Häusern der Nachtwölfe. Den Leuten wurden idiotische Fragen gestellt, es gab unterschwellige Drohungen und so weiter. All dies zeigt, dass die sogenannten westlichen Partner große Angst vor dem wachsenden Widerstand haben."

Im Gespräch mit der Agentur RIA Nowosti betonte Saldostanow, dass niemand von seinen Kameraden seine Überzeugungen geändert habe. "Es wird nicht möglich sein, uns zu verbieten. Überzeugungen, Wahrheiten, Ideen können nicht durch Verbote besiegt werden."

Auf die neue Sanktionsliste der EU sollen außerdem der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin, der Chef der Rüstungsholding Rostech Sergei Tschemesow sowie die Schauspieler Sergei Besrukow und Wladimir Maschkow gesetzt werden. Die beiden Schauspieler sind offene Unterstützer der Sonderoperation in der Ukraine.

Zudem sollen die neuen Maßnahmen ein Einfuhrverbot für russisches Gold umfassen. Auch die Sanktionen gegen die russische Sberbank sollen verschärfen werden.

Anfang der Woche hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zunehmende Zweifel an der Sanktionspolitik gegen Russland erwähnt. "Einige europäische Staats- und Regierungschefs haben gesagt, die Sanktionen seien ein Fehler", sagte er am Montag. Es gebe eine große Debatte darüber, ob die Sanktionen wirksam seien und die EU mehr träfen als Russland. Borrell selbst betonte, dass er von solchen Diskussionen nichts halte. Kritikern der Sanktionen warf er Falschinformationen vor.

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