Eine Analyse von Wladimir Prochwatilow
Bisher haben die ukrainischen Streitkräfte bereits zahlreiche Haubitzen, Raketenabwehrsysteme, Panzer und andere militärische Ausrüstung erhalten, wenn auch nicht in dem ständig geforderten Umfang. Dadurch wurde der Todeskampf des Kiewer Regimes zwar verlängert, doch zu einer Wende oder einem Durchbruch bei den Kampfhandlungen ist es nicht gekommen und hätte auch nicht kommen können, da die strategische Initiative stets bei unserer Armee liegt. An der Front eintreffendes ausländisches Kriegsmaterial wird regelmäßig zerstört oder teilweise als Trophäen von den russischen Streitkräfte und den bewaffneten Kräften der Volksrepubliken übernommen.
Wie kommt das? Untersuchen wir die Situation anhand der berüchtigten amerikanischen Haubitzen M777, denn das Schicksal der Schlachten in der Ukraine entscheidet sich in erster Linie im Kampf gegnerischer Artilleriebatterien.
Nehmen wir an, die Generäle im Pentagon geben den Bitten des Teams von Selenskij endlich nach und erklären sich bereit, Kiew 1.000 Stück dieser Haubitzen zu liefern. Wenn all diese Ausrüstung tatsächlich wie durch Wunderhand plötzlich an der Frontlinie auftauchen würde, zusammen mit entsprechend ausgebildeten Artilleristen, den unabdingbaren Ersatzteilen und mit genügend großem Munitionsvorrat für einen Dauerbeschuss, dann müssten die russischen Heerführer selbstverständlich nach weiteren Trümpfen im russischen Arsenal suchen. Und solche Trümpfe würde man durchaus bald finden.
Zauberer gibt es aber, wie wir wissen, nur im Märchen – und in der benebelten Gedankenwelt der Kiewer Führung. Selbst die einhundert M777, die bereits an die ukrainischen Streitkräfte geliefert wurden, sind nicht innerhalb eines Tages oder gar nur einer Woche in die Ukraine gelangt. Der Transport von tausend Haubitzen über den Ozean würde wohl Monate dauern. Und die frische Artillerieverstärkung, die an der Front eintrifft, wird von den alliierten Streitkräften in einem Artilleriegefecht unter strikter Einhaltung des Gesetzes von Lanchester ausgeschaltet werden.
Der britische Mathematiker Frederick Lanchester leistete neben der Automobiltechnik und Luftfahrt bedeutende Beiträge zur Militärtaktik. Im Jahr 1916 nämlich, auf dem Höhepunkt des Ersten Weltkriegs, entwickelte er ein Gleichungssystem, um den Ausgang einer Schlacht zwischen zwei kämpfenden Parteien zu bestimmen. Diese Methodik wurde seitdem bereits mehrfach im wahrsten Sinne des Wortes im Kampf erprobt. Nach Lanchester kann man also die zahlenmäßige Überlegenheit des Gegners nur durch das Quadrat einer höheren Effizienz ausgleichen.
Mit anderen Worten: Wenn Sie fünf Geschütze haben und der Gegner zehn (ein doppelter Vorteil), müssen Sie viermal besser schießen als der Gegner, um zu gewinnen. Und wenn die russische Artillerie die ukrainische mengenmäßig zehnfach übertrifft, wie in Kiew behauptet wird, dann müssten die ukrainischen Artilleristen den russischen Schützen um den Faktor 100 (!) überlegen sein. Solch ein immenses Übergewicht könnten nur Atomwaffen bieten, welche die ukrainischen Streitkräfte nicht haben und nicht haben werden.
Amerikanische Kanonen, die in kleinen Chargen an der Front eintreffen, werden systematisch in verkohlte Schrotthaufen verwandelt, und es sind keine anderen Optionen im Gesetz von Lanchester vorgesehen.
"Große Bataillone haben immer Recht", behauptete Napoleon, der sich ebenfalls der Notwendigkeit einer zahlenmäßigen Überlegenheit gegenüber dem Feind durchaus bewusst war. Lanchester übersetzte die Maxime des großen Feldherrn in genauer kalkulierte Formeln, die auch den US-Generälen durchaus bekannt sind und die sich daher über den Ausgang der Kämpfe in der Ukraine keine Illusionen machen.
Am 31. Mai, auf einer Tagung einer führenden US-amerikanischen Denkfabrik, dem Council on Foreign Relations, sagte der ehemalige stellvertretende Befehlshaber des US-Kommandos für Europa, General Stephen Twitty: "Russland hat eine viel größere Kampfkraft als die Ukrainer. Und deshalb werden die Ukrainer die Russen niemals zerstören oder besiegen ... Die Ukrainer werden niemals genug Kampfkraft haben, um die Russen aus der Ukraine zu vertreiben."
Auf diese Weise bringt die russische Artillerie – als unbestrittener "Kriegsgott" und mit ihrer "verdammt größeren Feuerkraft" – das Kiewer Regime seinem ruhmlosen Ende jeden Tag etwa näher.
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Übersetzt aus dem Russischen
Wladimir Prochwatilow ist ein russischer Militärexperte und politischer Beobachter, dessen Analysen in vielen prominenten russischen Medien veröffentlicht werden, darunter bei Gazeta.ru, Wsgljad und Regnum. Er ist außerdem bekannt durch seine Tätigkeit bei den beiden Nichtregierungs-Denkfabriken "Akademie für Realpolitik" und "Akademie der Militärwissenschaften" (ein Verband für Forschung und Studien im Militärwesen). Prochwatilow war sowjetischer Kaderoffizier und Testingenieur für Steuerungssysteme von Weltraumfahrzeugen und Satelliten.