Die belgische Gruppe für Risikobewertung (Risk Management Group, RMG) hat eine 21-tägige Quarantäne für Patienten mit Affenpocken verhängt. Zuvor war das Virus, das in der vergangenen Woche in mehr als einem Dutzend Ländern auftauchte, bei drei Menschen in Belgien diagnostiziert worden. Die Gesundheitsbehörde verkündete dies bereits am Freitag.
Am Sonntag wurde wohl ein vierter Fall von Affenpocken im Land diagnostiziert, wie die belgische Zeitung Brussels Times meldete. Die betreffende Person soll laut dem Bericht – wie bei den drei vorangegangenen Fällen auch – mit dem internationalen Gay-Fetisch-Festival Darklands in Verbindung stehen, das Anfang Mai in Antwerpen stattgefunden hatte.
Die Krankheit, gegen die es noch kein Medikament gibt, die aber in der Regel innerhalb weniger Wochen von selbst verschwindet, tritt normalerweise in West- und Zentralafrika auf.
Das Gran Canaria Pride Festival auf den Kanarischen Inseln, an dem rund 80.000 Menschen aus ganz Europa teilnehmen, wurde ebenfalls als potenzielles "superspreader event" der Affenpocken eingestuft und mit Fällen in Spanien, Italien und der Insel Teneriffa in Verbindung gebracht. Vor allem Madrid hat sich zu einem Hotspot für das Virus entwickelt, denn in der spanischen Hauptstadt wurden inzwischen mehr als 30 Fälle registriert.
Zwar hat die belgische Regierung diejenigen, bei denen eine Infektion vermutet wird, aufgefordert, sich selbst zu isolieren. Sie hat ihnen aber auch geraten, sich in die Notaufnahme eines Krankenhauses zu begeben, um mit medizinischen Experten zu sprechen – widersprüchliche Empfehlungen, die denen ähneln, von denen einige Experten glauben, dass sie in den ersten Tagen der Coronapandemie zur Verbreitung von COVID-19 beigetragen hätten.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind Affenpocken nicht einfach von Mensch zu Mensch übertragbar und erfordern einen engen Körperkontakt – mit infizierten Stellen, Körperflüssigkeiten, Tröpfchen aus der Atemluft oder kontaminierten Materialien wie Bettzeug. Zu den ersten Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Rücken- und Muskelschmerzen. Darauf folgt ein für die Krankheit charakteristischer Ausschlag mit Pusteln im Gesicht, an den Händen und auch an anderen Körperstellen. Die ersten Symptome treten innerhalb von ein bis zwei Wochen nach der Infektion auf.
Laut WHO gebe es bislang mit Stand von Samstag 92 bestätigte Fälle von Affenpocken und 28 Verdachtsfälle aus insgesamt zwölf Ländern, in denen sie sich üblicherweise nicht verbreiten. Außer in Belgien wurden sie unter anderem auch in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, im Vereinigten Königreich, Italien, Portugal, Spanien, Schweden, Kanada, Israel und den USA registriert.
Mit Stand von Sonntagnachmittag gebe es in Deutschland inzwischen vier bestätigte Infektions- und Erkrankungsfälle, meldet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf einen Bericht des Bundesgesundheitsministeriums für den Gesundheitsausschuss des Bundestages. Ein Fall wurde in München und drei in Berlin diagnostiziert. Proben weiterer Personen seien in Abklärung und auch Kontaktpersonen würden ermittelt. "Aufgrund der vielfältigen Kontakte der derzeit Infizierten ist in Europa und auch in Deutschland mit weiteren Erkrankungen zu rechnen", heißt es demnach weiter in dem Bericht.
Auch der WHO-Chef-Berater für Infektionsgefahren, David Heymann, erklärte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters, man befürchte, dass die Zahl der Fälle in den Sommermonaten weiter ansteigen könnte. Die WHO gehe demnach davon aus, dass der Ausbruch durch sexuelle Kontakte ausgelöst worden sei und laut Heymann, "wie sexuell übertragbare Infektionen verbreitet wird."
Nachdem vergangene Woche bei einem einzigen Patienten Affenpocken diagnostiziert worden waren, haben die USA in aller Eile 13 Millionen Dosen des Pockenimpfstoffes Jynneos beschafft, der 2019 für die Verwendung gegen das Virus zugelassen worden war.
Die WHO hatte am Freitag vergangener Woche eine Dringlichkeitssitzung zum Thema Affenpocken einberufen, da die Zahl der Verdachtsfälle bereits auf über 100 angestiegen war. Regierungsvertreter in Ländern wie dem Vereinigten Königreich und den USA haben jedoch darauf bestanden, dass das Virus ein geringes Risiko für die Allgemeinheit darstelle. In einer Simulation, die auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2021 durchgeführt wurde, sei jedoch ein hypothetischer Ausbruch von Affenpocken beschrieben worden, der weltweit 270 Millionen Todesopfer gefordert hätte.
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