Nach Angaben der BBC erhielt die irisch-republikanische Partei Sinn Féin nach der ersten Auszählungsrunde den höchsten Stimmanteil. Demnach liegt die Partei mit 29 Prozent der Stimmen weit vor der zweitstärksten Partei, der protestantisch-unionistischen Democratic Unionist Party (DUP), auf die 21,3 Prozent entfielen.
Damit kann die für die Vereinigung des derzeit britischen Nordirlands mit der Republik Irland eintretende Partei die Mehrheit der Sitze in der Northern Ireland Assembly erringen und erhält damit das Recht, den künftigen Regierungschef (First Minister) der mit Autonomierechten ausgestatteten Region zu benennen. Bislang hatten stets Politiker dieses Amt inne, die sich für die Beibehaltung der Union mit Großbritannien einsetzten.
Der erwartete Sinn-Féin-Triumph wäre ein symbolischer Wendepunkt in der Geschichte des vor gut 100 Jahren gegründeten britischen Landesteils. Sinn Féin galt einst als politischer Arm der IRA (Irish Republican Army), die mit Waffengewalt für eine Vereinigung der beiden Teile Irlands kämpfte.
Das Thema irische Einheit spielte im Wahlkampf aber nur eine untergeordnete Rolle. Sinn Féin konzentrierte sich stattdessen auf soziale Themen wie die steigenden Lebenshaltungskosten und Gesundheit. Sinn-Féin-Spitzenkandidatin Michelle O'Neill kündigte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa am Freitag an, sie wolle sich auch als künftige Regierungschefin vorwiegend diesen Themen widmen. Gleichzeitig rief sie zu einer breiten gesellschaftlichen Debatte über die Einheit Irlands auf.
Damit die Vizepräsidentin der in beiden Teilen Irlands antretenden Partei das Amt der Regierungschefin übernehmen kann, ist jedoch die Zustimmung der größten protestantisch-unionistischen DUP erforderlich. Beide müssen eine Einheitsregierung bilden, so ist es im als Karfreitagsabkommen bekannten Friedensschluss der ehemaligen Bürgerkriegsregion von 1998 vorgesehen.
Die DUP machte jedoch deutlich, dass sie dazu nur bereit ist, wenn die Regierung in London die Abmachungen mit der EU über den Brexit-Sonderstatus der Provinz bricht. "Das Brexit-Abkommen und das Karfreitagsabkommen sind nicht miteinander vereinbar", sagte der einflussreiche nordirische DUP-Abgeordnete Edwin Poots der BBC am Samstag. Die Regierung von Premierminister Boris Johnson müsse sich entscheiden, ob sie die Vereinbarung mit der EU über den Friedensprozess in der Region stelle, so Poots weiter.
Die DUP musste sich auf empfindliche Verluste bei der Wahl einstellen. Einerseits dürfte sie Stimmen an die noch radikaler gegen das Nordirland-Protokoll eingestellte Traditional Unionist Voice (TUV) verlieren, andererseits machen wohl auch etliche frühere DUP-Wähler dieses Mal ihr Kreuz bei der Alliance Party. Die überkonfessionelle Partei will den Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer irischen Vereinigung hinter sich lassen und dürfte bei der Wahl stark abgeschnitten haben. Nach der ersten Auszählungsrunde lag die Alliance Party bei 13,5 Prozent, deutlich über dem Ergebnis der vorherigen Parlamentswahl.
Die 90 Abgeordneten des nordirischen Parlaments werden in 18 Fünfer-Wahlkreisen gewählt.
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rt de / dpa