Vier Tage vor der geplanten Präsidentenwahl in Frankreich sollen beide Kandidaten ihre Programme bei einer Fernsehdebatte verteidigen. Deren Ausgang könnte das Ergebnis der Stichwahl am Sonntag entscheiden, vermutet Associated Press.
Der 44-jährige Zentrist Emmanuel Macron und die 53-jährige rechtsradikale Kandidatin Marine Le Pen werden sich am Abend des 20. April zum zweiten Mal bei einem Fernsehduell gegenüberstehen. Im Vorfeld der Präsidentenwahl im Jahr 2017 hatten sich die beiden bereits zu einer Debatte getroffen. Damals erwies sich Le Pens Auftritt als nicht überzeugend. Sie verwechselte Unternehmensnamen, suchte nach Antworten in ihren Unterlagen und schien irgendwann die Selbstbeherrschung verloren zu haben. Als Ergebnis konnte Macron mit 66 Prozent der Wählerstimmen gegenüber Le Pens 34 Prozent den Wahlsieg für sich sichern.
Nun soll Le Pen Medienberichten zufolge eine Lektion aus ihrer damaligen Niederlage gezogen und sich gemeinsam mit ihren engsten Beratern "zu Hause" auf die Debatte vorbereitet haben. Sie wird voraussichtlich ihre nationalistische Agenda als Alternative zur gegenwärtigen Politik Macrons präsentieren.
In jüngsten Umfragen behält der amtierende Präsident Macron immer noch die Führung. Dennoch liegen seine Umfragewerte mit 53 bis 56 Prozent deutlich niedriger als vor fünf Jahren. Mehrere seiner politischen Verbündeten warnen vor Nachlässigkeit im Vorfeld der Stichwahl. So sagte Frankreichs Regierungschef Jean Castex in einem Radiointerview am Dienstag:
"Das Spiel ist noch lägst nicht zu Ende und wir sollten auf keinen Fall aus den Umfragewerten den Schluss ziehen, dass die Wahl entschieden ist."
Eine Allianz von Wählern aus dem linken und rechten Zentrum, die bisher Rechtsradikale von der Macht ferngehalten hat, sei nun nicht mehr selbstverständlich, erklärte Castex' Vorgänger und gegenwärtiger Bürgermeister von Le Havre Édouard Philippe. Problematisch könnte für Macron vor allem eine niedrige Wahlbeteiligung werden.
Tatsächlich blieben noch im ersten Wahlgang über 40 Prozent der unter 35-Jährigen der Wahl fern, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Der linke NATO-kritische Kandidat Jean-Luc Mélenchon war mit 22 Prozent der Stimmen nicht in die Stichwahl gekommen, und nun protestieren zahlreiche junge Menschen, dass die Wahl sich nur auf Macron und Le Pen beschränke. So hatten etwa 400 Studenten das historische Gebäude der Sorbonne-Universität für drei Tage besetzt, um gegen eine Wahl zwischen "Pest und Cholera" zu protestieren. Auch an anderen Hochschulen kam es zu Demonstrationen. Dabei riefen die Teilnehmer: "Weder Macron noch Le Pen!"
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