Der Kremlsprecher Dmitri Peskow teilte Reportern am Donnerstag mit, dass Moskau versuchen werde, die Probleme zu lösen, die sich speziell für Serbien im Zusammenhang mit der Zahlung von Gaslieferverträgen in russischen Rubeln ergeben. Nicht dagegen für andere Länder – wie etwa Bulgarien, das "in diesem Fall unfreundliche Schritte, feindliche Schritte gegenüber Russland gemacht hat", wird Peskow von der Nachrichtenagentur TASS zitiert. Daher werde die bulgarische Regierung "Gas [für Rubel] kaufen müssen, ob sie will oder nicht".
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Mittwoch angekündigt, Gaslieferungen in die von Russland als unfreundlich bezeichneten Staaten nur noch in Rubel bezahlen zu lassen. Zu den betroffenen Ländern gehören Deutschland und alle anderen Staaten der Europäischen Union (EU), daneben auch die USA, Kanada und Großbritannien. Der russischen Regierung und Zentralbank wurde eine Woche Zeit gegeben, um die Modalitäten der Umstellung festzulegen.
Laut Analysten der DekaBank Deutsche Girozentrale dürfte die Maßnahme ein Versuch sein, die EU zu zwingen, die selbst gerade erst gegen Russland verhängten Sanktionen zu unterlaufen. "Denn aktuell wären solche Zahlungen sanktionsbedingt kaum umsetzbar."
Russische Gaslieferanten wie Gazprom wurden bisher zunächst in Fremdwährung bezahlt, daraufhin oblag es dem russischen Lieferanten, einen Großteil davon bei der russischen Zentralbank gegen Rubel einzutauschen. Bis jetzt wurden und werden etwa 60 Prozent der russischen Gaslieferungen in Euro und 40 Prozent in US-Dollar bezahlt.
Laut dem Ökonomen und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums Jens Südekum gibt es auf den internationalen Finanzmärkten gar nicht ausreichend verfügbare Mengen der russischen Währung. Sebastian Dullien, Direktor am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), verweist auf die Möglichkeit, dass die Bank des Gasimporteurs das Geschäft mit einer nicht sanktionierten russischen Bank abwickelt. Diese könne dann Dollar gegen Rubel eintauschen. Die Gazprom-Bank beispielsweise ist nicht sanktioniert.
Andere Experten, die das Handelsblatt zitiert, befürchten, dass russische Geschäftsbanken womöglich anfälliger sind für das Einwirken der russischen Regierung.
Seit Transaktionen mit der Zentralbank auf der Sanktionsliste der EU stehen und die im Westen befindlichen Währungsreserven eingefroren wurden, ist es schwierig, Rubel direkt bei der russischen Zentralbank zu besorgen. "Dadurch zwingt uns Putin somit indirekt, unsere eigenen Sanktionen zu unterlaufen", meint auch Südekum. Die westlichen Länder haben im Ausland lagernde russische Devisenreserven bewusst als Strafmaßnahme weitgehend blockiert. Zudem wurden zahlreiche russische Geschäftsbanken vom für internationale Zahlungen wichtigen Finanztransaktionssystem SWIFT ausgeschlossen.
Der Devisenfachmann Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank gibt zu bedenken, dass ja gar nicht alle russischen Banken von SWIFT ausgeschlossen seien. Der Erwerb von Rubel, um damit die Gasrechnung zu bezahlen, sei also durchaus möglich. "Um Rubel zu erwerben, muss niemand die Sanktionen gegen die russische Zentralbank brechen."
Durch die Maßnahme werde der Rubelkurs gestützt. Die Alternative zu den Zahlungen, etwa ein Gasembargo, wird insbesondere in Berlin kritisch gesehen. Da Deutschland mehr als die Hälfte des Erdgases aus Russland bezieht, stellte sich Deutschland bisher gegen ein Embargo. Der Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck spricht von einer Gefahr für den sozialen Frieden sowie für "eine schwere Wirtschaftskrise in Deutschland und Europa".
Weniger Bedenken scheinen da regionale Politiker wie der baden-württembergische Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk (CDU) zu haben, der Berichten zufolge 15 Grad Wohnraumtemperatur für zumutbar hält. Der Politiker, der seit rund 30 Jahren im Baden-Württemberger Landtag sitzt, hatte bereits früher mit seinen Vorstellungen von Verbraucherschutz und Bürgerrechten auf sich aufmerksam gemacht. Ähnliche Andeutungen gemäß dem Motto "Frieren für den Frieden" machten jedoch bereits auch andere Politiker.
Bereits jetzt stärkt die Maßnahme Putins den Kurs des Rubels, wodurch zugleich verhindert wird, dass Dollar-Zahlungen auf Konten landen, die der Westen kontrollieren und sanktionieren und somit von einem Umtausch in Rubel ausschließen kann. Zum Währungsumtausch müssen russische Banken Konten bei ausländischen Banken unterhalten, was sie somit anfällig für derartige Sanktionen macht.
Auch am Donnerstag profitierte die russische Währung. Am Vormittag kostete ein Dollar rund 96 Rubel. Vor der Anweisung vom Mittwoch hatte ein Dollar noch weit mehr als 100 Rubel gekostet. Zuvor im Februar mussten für einen Dollar zeitweise fast 160 Rubel gezahlt werden.
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