Neue Falken Mittelosteuropas? Tschechien spendet Ukraine Munition für 152-Millimeter-Haubitzen

Tschechien will der Ukraine tödliche Munition unentgeltlich zur Verfügung stellen. Auch die Entsendung von Soldaten ist sehr wahrscheinlich. Die die neue Regierung bildende Koalition in Prag hatte Waffenlieferungen an die Ukraine noch im Wahlprogramm versprochen.

Die tschechische Regierung wird am Mittwoch Munitionslieferungen an die Ukraine genehmigen. Das teilte der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala am Montag Reportern mit. "Auf der Regierungssitzung [am 26. Januar] wollen wir der Bitte der Ukraine nachkommen und ihr die notwendige Munition liefern", sagte er.

Die tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová hatte noch am 21. Januar mitgeteilt, dass Prag beabsichtige, Kiew 152-Millimeter-Granaten für die schwere Artillerie als "Spende" zu liefern. Sie seien für Haubitzen bestimmt und ein Ausdruck der Solidarität zwischen Prag und Kiew in einer Situation, in der die Spannungen an der russisch-ukrainischen Grenze eskalieren.

Die todbringende Munition, die für schwere Artillerieoffensiven und Beschuss der Wohngebiete verwendet werden kann, nannte die Ministerin "Ausrüstung für den operativen Bedarf". In einem am Montag veröffentlichten Interview erklärte Černochová ihre Motivation mit der gemeinsamen Geschichte der Ukraine und Tschechiens unter dem "sowjetischen Joch". Sie betonte, dass die Ukraine in der NATO-Partnerschaft "gute Arbeit leistet". Sie nannte die Ukraine einen "Verbündeten" Europas, der militärisch unterstützt werden sollte:

"Europa sollte die Ukraine, unseren Verbündeten, vorbereiten und unterstützen. Ich werde der Regierung Unterlagen übergeben, auf deren Grundlage wir der Ukraine Artilleriemunition von 152 Millimetern zur Verfügung stellen werden. Der Generalstabschef hat mir versichert, dass sie schon vorbereitet seien."

Auch die Entsendung von Soldaten in die Ukraine war Thema des Gesprächs. Diese sei möglich. "Wenn die Tschechische Republik gebeten wird, tschechische Soldaten in die Ukraine zu entsenden, sind wir bereit, dies zu prüfen. Wir haben den Willen, der Ukraine zu helfen", sagte die Verteidigungsministerin. Ihr zufolge könnte das offizielle Prag "ein symbolisches Kontingent wie das kanadische" in die Ukraine entsenden.

Was allerdings schon beschlossen ist, ist die Teilnahme an den gemeinsamen NATO-Übungen mit den Ukrainern. Einer Meldung des Portals euractiv.de zufolge wird Tschechien spätestens Anfang März sechs Angehörige seiner Spezialeinheiten zu einer gemeinsamen Übung "Silver Sabre 2022" in die Ukraine entsenden. Die Übung findet im Rahmen des NATO-Plans zur Stärkung der ukrainischen Streitkräfte statt.

Ukrainische Medien nahmen die Nachricht über den beabsichtigten Munitionsnachschub aus Tschechien mit großer Freude auf. So weist die Jewropeiskaja Prawda darauf hin, dass große Geschütze oder Haubitzen, für die diese Munition vorgesehen ist, in der modernen Kriegsführung nach wie vor ein wichtiger Teil der Feuerkraft seien. "Munition dieses Kalibers ist in der ukrainischen Armee Mangelware."

Tschechischen Medien zufolge besteht in der Regierung ein Konsens über die Frage der militärischen Unterstützung der Ukraine. In naher Zukunft, so heißt es, erwarte die Tschechische Republik einen Besuch des Oberbefehlshabers der ukrainischen Streitkräfte, Waleri Saluschny.

Der Beschluss über die Lieferung des todbringenden militärischen Materials an die Ukraine sollte allerdings nicht überraschen. Das liberalkonservative Wahlbündnis Spolu, das Tschechien erst seit wenigen Wochen regiert, hatte noch im gemeinsamen Wahlprogramm vor der Parlamentswahl am 10. Oktober die Absicht festgehalten, Waffenlieferungen an die Ukraine zu legalisieren.

Andere Punkte im außenpolitischen Programm waren die Verlängerung der antirussischen Sanktionen und das Einwirken auf Russland aus einer Position der Stärke heraus, der Rückzug Tschechiens aus dem Projekt Nord Stream 2 und eine insgesamt konfrontativere Haltung zu sogenannten "undemokratischen Staaten" sowie die Stärkung der transatlantischen Kooperation.

Explosionen im Militärdepot in Vrbětice

Die russisch-tschechischen Beziehungen hatten sich im April des Vorjahres deutlich verschlechtert, als die tschechischen Behörden behauptet hatten, Moskau sei in die Explosionen in einem Militärdepot im Dorf Vrbětice im Osten der Republik im Jahr 2014 verwickelt gewesen, und daraufhin 18 russische Diplomaten ausgewiesen hatte. Das russische Außenministerium protestierte nachdrücklich gegen den Schritt "unter unbegründeten und weit hergeholten Vorwänden" und erklärte 20 Mitarbeiter der tschechischen Botschaft in Moskau zur "Persona non grata".

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa rechtfertigte das Vorgehen der russischen Seite und betonte, dass Prag in den vergangenen sieben Jahren weder Vorbedingungen noch Beweise für eine Verwicklung Russlands in den Zwischenfall von Vrbětice vorlegen konnte.

Medienberichten zufolge waren im Munitionslager u. a. international geächtete Antipersonenminen aufbewahrt worden. Ihr Eigentümer sei ein bulgarischer Waffenhändler gewesen, der in Tschechien gelagerte Munition aus Sowjetbeständen in die Ukraine verkauft hatte.

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