Mit einem neuen Forschungsinstitut will Polen seine Reparationsansprüche für die von den deutschen Besatzern im Zweiten Weltkrieg verursachte Schäden untermauern. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte in einem Interview, dass er am vergangenen Mittwoch ein Dokument zur Gründung des nach dem polnischen Widerstandskämpfer Jan Karski benannten Instituts für Kriegsschäden unterzeichnet habe. Der Politiker der nationalkonservativen PiS erklärte:
"Das Thema ist nicht vom Tisch, weil Polen sehr schlecht behandelt wurde, indem es keine Reparationen erhalten hat."
Das Institut solle die Bemühungen um die Erforschung sämtlicher Kriegsschäden institutionalisieren und sich auch mit der weiteren Verfolgung der Reparationsansprüche befassen. Morawiecki kündigte zudem an, dass eine im Jahr 2017 eingesetzte Parlamentskommission zur Untersuchung der Kriegsschäden im Februar 2022 ihren Bericht fertigstellen werde. Wie die Regierung dann damit umgehen werde, sei aber noch unklar. Der Ministerpräsident sagte:
"Die Entscheidung, was wir mit diesem Bericht machen und wann und wie, ist noch nicht gefallen. Aber wir bereiten alles vor, diesen Bericht der Welt da draußen zu präsentieren."
Die Parlamentskommission war im Jahr 2017 eingesetzt worden, um die Kriegsschäden im 1939 von Nazi-Deutschland überfallenen und bis zum Jahr 1945 besetzten Polen festzustellen. Ihr Vorsitzender Arkadiusz Mularczyk hatte die Arbeit bereits im vergangenen Jahr für beendet erklärt. Laut Morawiecki ist die Kommission aber gebeten worden, weitere Informationen hinzuzufügen. Bis Februar 2022 werde der Bericht nun fertig sein.
Nach früheren polnischen Schätzungen, die auf einer Bestandsaufnahme von 1946 plus Zinsen beruhen, belaufen sich die Schäden auf 800 Milliarden Euro. Vier bis sechs Millionen Polen kamen im Zweiten Weltkrieg ums Leben.
Zum 80. Jahrestag des Kriegsbeginns hatte Warschau im Jahr 2019 den Druck in der Reparationsdebatte deutlich erhöht. Danach war es aber ruhiger um das Thema geworden. Das dürfte sich bei einer Vorlage des Parlamentsberichts im Februar wieder ändern.
Für die Bundesregierung ist das Thema rechtlich und politisch abgeschlossen. Sie beruft sich vor allem auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit von 1990. In dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik, der DDR und den vier ehemaligen Besatzungsmächten USA, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien sind Reparationen allerdings nicht ausdrücklich erwähnt. Außerdem wurden zahlreiche von Nazi-Deutschland angegriffene und besetzte Staaten, wie Griechenland und Polen, an den Verhandlungen darüber nicht beteiligt.
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(rt/dpa)