Angela Merkel hat angesichts der zunehmenden Not von mehreren Tausend Migranten an der EU-Außengrenze zwischen Polen und Weißrussland mit Alexander Lukaschenko telefoniert und hierfür harsche Kritik geerntet. Es war das erste Mal seit der Präsidentenwahl in Weißrussland im August vergangenen Jahres, dass ein EU-Staatschef mit Lukaschenko gesprochen hat.
In einem Interview mit RT erklärt der Botschafter a. D. und Jurist Dr. Hans-Friedrich von Ploetz, warum dieser Schritt der Bundeskanzlerin jedoch kein Fehler gewesen ist. Er hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es ein "riesengroßes Problem an der Grenze zwischen Weißrussland und Polen" gebe, das man als eine "dramatische menschliche Tragödie" bezeichnen könne. Der Diplomat wörtlich:
"In einer solchen Situation ist es, glaube ich, kein Fehler, sondern ein Verdienst, wenn man das Gespräch sucht mit demjenigen, der vor Ort die Macht in den Händen hält, ob anerkannt oder nicht."
Auf die Frage, wie man die Krise bewältigen könne, antwortet Dr. von Ploetz, vor allem sei "ein praktisches Management vor Ort" nötig. Die EU sei dabei humanitären Prinzipien verpflichtet und die Menschenwürde der Migranten an der Grenze sei demnach eine Priorität:
"Eine Lösung – ich würde sagen, Schritt für Schritt bitte. Das Wichtigste ist jetzt, diese Menschen zu versorgen und zu vermeiden, dass es an der Grenze zu einer Eskalation kommt."
Außerdem setzt sich der Diplomat im Interview mit der Frage auseinander, ob es der diplomatischen Etikette entspreche, dass Lukaschenko auf der Webseite des Kanzleramtes nicht mit Präsidententitel genannt wird.
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