Der Chef des britischen Verteidigungsstabes, General Sir Nick Carter, hat erklärt, dass das Vereinigte Königreich und seine Verbündeten heute einem höheren Risiko eines militärischen Konflikts mit Moskau ausgesetzt sind als je zuvor während des Kalten Krieges. Er fügte hinzu, dass "traditionelle diplomatische Mechanismen" nicht mehr vorhanden seien.
Die Entstehung einer "multipolaren Welt" aus der Asche des bipolaren internationalen Systems des Kalten Krieges habe zu einem stärkeren Wettbewerb zwischen den Nationen geführt. In diesem Wettbewerb könnten das Vereinigte Königreich sowie andere westliche Staaten und Russland leicht gegeneinander ausgespielt werden, sagte Carter am Samstag gegenüber The Times Radio. Der General, der der militärische Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte ist, warnte:
"Wir befinden uns in einer Welt, in der viel mehr Wettbewerb herrscht als noch vor zehn oder 15 Jahren."
Die Art des zwischenstaatlichen Wettbewerbes, insbesondere jenem zwischen den Großmächten, führe zu größeren Spannungen.
Der britische General warnte die Politiker, dass die kriegerische "Natur" einiger ihrer Politiken zu einer Situation führen könnte, in der eine "Eskalation zu Fehlkalkulationen führt". Gleichzeitig warf er der russischen Regierung vor, sie sei angeblich zu allem bereit, um die westeuropäischen Staaten und die USA zu untergraben.
Der 62-jährige Carter klang etwas nostalgisch nach den Zeiten des Kalten Krieges, als er sagte, dass "viele der traditionellen diplomatischen Instrumente und Mechanismen, mit denen Sie und ich im Kalten Krieg aufgewachsen sind, nicht mehr existieren". Er bezeichnete die gegenwärtige Situation als "echte Herausforderung, mit der wir konfrontiert sind" und fügte hinzu, dass ohne diese Mechanismen aus der Zeit des Kalten Krieges "ein größeres Risiko" bestehe.
Der General sagte, er glaube, dass das Risiko eines Krieges mit Russland heute größer sei als zu jedem anderen Zeitpunkt seiner 44-jährigen Karriere und rief das Vereinigte Königreich zur "Vorsicht" auf. Das Verteidigungsministerium bestätigte, dass ein Team britischer Soldaten nach Polen entsandt wurde, um zu erkunden, wie sie Warschau in der Migrantenkrise an der Ostgrenze zu Weißrussland "technische Unterstützung" leisten könnten.
Zuvor hatte der polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak bestätigt, dass die NATO-Staaten, darunter auch das Vereinigte Königreich, seinem Land helfen würden, Migranten daran zu hindern, polnisches Hoheitsgebiet zu erreichen. Es wird erwartet, dass die britischen Truppen dort eine befestigte Grenzmauer errichten werden.
Die EU beschuldigte Weißrussland, Migranten dazu zu ermutigen, eine neue Route nach Westeuropa über sein Territorium zu nehmen, und gab dem angeblich von Minsk geführten "hybriden Krieg" die Schuld an der Krise. Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko bestreitet jedoch die Anschuldigungen und erklärte, seine Regierung sei lediglich nicht mehr bereit, der EU dabei zu helfen, Migranten an der Einreise nach Polen zu hindern.
Einige westliche Beamte nutzten zudem die Gelegenheit, Russland die Schuld an der Situation zu geben. Moskau erklärte daraufhin, es habe nichts mit der Krise zu tun.
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