Es geht lediglich um rund 50 Kilometer Luftlinie. Dass sich die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer Reise im Sommer von Wien nach Bratislava für einen klimaschädlichen Flug entschieden hat, schlägt hohe Wellen. Denn für die gleiche Strecke gibt es auch eine klimafreundlichere Alternative – den Zug. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde, insgesamt nicht viel länger als der getätigte 19-Minuten-Charterflug.
Die EU-Kommissionspräsidentin selbst hatte vergangenes Jahr ein "ehrgeiziges, aber machbares" Ziel gesetzt – Treibhausgase in der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu bringen. Und auch erst vor wenigen Tagen bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow forderte von der Leyen mehr Engagement beim Klimaschutz von allen und betonte, dass man "alles Notwendige" tun müsse, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Weniger Kurzstreckenflüge – auch bei Politikern – würden beim Erreichen des gesetzten Ziels sicherlich helfen. Inzwischen gibt es auch eine Begründung seitens eines Sprechers der EU-Kommissionspräsidentin. Gegenüber der Bild-Zeitung rechtfertigte er von der Leyens Flug mit den Worten:
"Mit Abflug und Ankunft in Belgien waren es bei dieser Reise der Präsidentin sieben Länder in zwei Tagen. Alternativen wurden geprüft, doch es gab logistisch keine andere Möglichkeit."
Im Sommer hatte die 63-Jährige mehrere Hauptstädte Europas besucht. Nach Aussage des Sprechers musste von der Leyen noch am Abend mit demselben Flugzeug von Bratislava nach Riga fliegen. Und er nannte noch einen weiteren Grund:
"Hinzu kommt, dass es wegen Corona Bedenken gab, Linienflüge oder Züge zu nutzen. Die Crew, die alle sechs Flüge betreut hat, war komplett Corona-getestet."
In einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa heißt es, dass laut dem Sprecher der EU-Kommissionspräsidentin die Nichtnutzung des Charterflugzeugs in Wien eine Verzögerung der geplanten Weiterreise nach Lettland zur Folge gehabt hätte. Die persönlichen Kontakte zu den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten seien zudem sehr wichtig. Auch die Reisen in die Mitgliedsstaaten seien unabdingbar, um den Bürgern in der EU zu zeigen, dass die EU bei der Bewältigung der Corona-Krise eine wichtige Rolle spiele.
Den Flug nannte der Generalsekretär des Steuerzahlerbundes, Michael Jäger, gegenüber dem Boulevardblatt jedoch eine "ökologische Sünde". Neben Steuergeld koste dies "vor allem viel Glaubwürdigkeit". Die CDU-Bundestagsabgeordnete Jana Schimke kommentierte:
"Wenn man Wandel will, dann muss man ihn auch vorleben. Ansonsten wird man unglaubwürdig."
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