Im Rechtsstreit um die umstrittene Justizreform hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil die polnische Regierung verpflichtet, jeden Tag eine Million Euro zu zahlen. Damit will der EuGH die Umsetzung mehrerer Urteile zur von der Regierung vorangetriebenen Justizreform bewirken.
Das Gericht hatte Polen etwa bereits in der Vergangenheit aufgefordert, die Arbeit der neu geschaffenen Disziplinarkammer am Obersten Gerichtshof einzustellen. Die Kammer soll Richter und Staatsanwälte, die rechtswidrig handeln, bestrafen. Mitte Juli dieses Jahres hatte der EuGH allerdings geurteilt, dass die Kammer gegen EU-Recht verstoße. Daher hatte der EuGH im April 2020 eine einstweilige Verfügung erlassen.
Die EU-Kommission hatte im September Finanzsanktionen gegen Polen beantragt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begründete damals diesen schwerwiegenden Schritt mit dem Schutz der Unabhängigkeit des polnischen Justizwesens. Der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro hingegen verurteilte die beantragten Sanktionen als "Aggression gegen Polen" und beklagte einen "juristischen hybriden Krieg".
Polen hatte sich zwar bereit erklärt, die umstrittene Kammer abzuschaffen, die Mitglieder der Kammer sollten jedoch laufende Fälle noch abarbeiten. Bereits im Dezember 2019 hatte Polens Oberstes Gericht (nicht zu verwechseln mit dem polnischen Verfassungsgerichtshof) in einem Urteil festgestellt, dass die Disziplinarkammer dem europäischen und somit auch dem polnischen Recht nicht entspreche.
Der polnische Verfassungsgerichtshof wiederum urteilte Anfang Oktober dieses Jahres, dass einige EU-Gesetze nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar sind. Im Urteil hieß es:
"Der Versuch des Europäischen Gerichtshofs, sich in das polnische Justizwesen einzumischen, verstößt gegen (...) die Regel des Vorrangs der Verfassung und gegen die Regel, dass die Souveränität im Prozess der europäischen Integration bewahrt bleibt."
Das polnische Verfassungsgericht bestritt die Befugnis der EU-Kommission, über die Rechtsstaatlichkeit der EU-Mitglieder urteilen zu können.
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