Alle technischen Voraussetzungen für die Inbetriebnahme der Ostseepipeline seien bereits erfüllt, sodass der erste Strang in naher Zukunft in Betrieb genommen werden könne, teilte der Pressedienst der Bundesnetzagentur am Dienstag der Nachrichtenagentur RIA Nowosti mit. Die Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG müsse jedoch zunächst Regeltreue-Nachweise vorlegen. Dabei handele es sich um die Einhaltung von "Regeln zum diskriminierungsfreien Netzzugang sowie zur Integration der Leitung in den deutschen Gasmarkt". Die Bonner Behörde erläuterte:
"Die Bundesnetzagentur hat sich ausdrücklich die unmittelbare Einleitung von Aufsichts- beziehungsweise Missbrauchsverfahren gegen die Nord Stream 2 AG vorbehalten, sollten Zweifel an der Einhaltung dieser regulatorischen Vorgaben nicht ausgeräumt werden."
In einer Stellungnahme versicherte die Nord Stream 2 AG als Reaktion auf die Aufforderung der Bundesagentur, dass Nord Stream 2 mit allen geltenden Rechtsvorschriften übereinstimme und die erforderlichen Genehmigungen für den Betrieb der Pipeline von den Behörden in der EU und Russland erhalten habe. Man werde sich auch weiterhin darum bemühen, alle anwendbaren Regeln und Vorschriften einzuhalten, hieß es.
Nord Stream 2 ist eine Erdgasleitung von Russland nach Deutschland mit einer jährlichen Kapazität von 55 Milliarden Kubikmetern. Anfang September wurden die Bauarbeiten an der Pipeline abgeschlossen. Bereits in diesem Jahr könnten die Liefermengen laut Schätzungen des russischen staatlichen Konzerns Gazprom 5,6 Milliarden Kubikmeter erreichen.
Die Betreiberfirma Nord Stream 2 AG hatte am Vortag bekannt gegeben, dass sie mit der Befüllung des ersten Strangs begonnen habe, um den erforderlichen Druck für weitere Tests zu erreichen. Die Vorarbeiten für die Inbetriebnahme des zweiten Strangs würden fortgesetzt.
Ungelöst bleibt vorerst die Kontroverse um die aktualisierte EU-Gasrichtlinie, die am 23. Mai 2019 in Kraft getreten ist. Diese schreibt vor, dass die EU-Binnenmarktregulierung Verbindungsleitungen auch zwischen Drittstaaten und den EU-Mitgliedsstaaten erfasst, womit für die Förderung, den Transport und den Vertrieb von Erdgas jeweils getrennte Unternehmen zuständig sein können. Im Mai 2020 hatte die Regulierungsbehörde verordnet, Nord Stream 2 auf deutschem Hoheitsgebiet aus dem Geltungsbereich der EU-Gasrichtlinie nicht herauszunehmen. Im August war die Nord Stream 2 AG mit einer Berufung gegen diese Entscheidung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gescheitert.
Die Debatte um die anstehende Inbetriebnahme von Nord Stream 2 gewinnt vor allem angesichts massiv steigender Gaspreise in der EU an Schärfe. Am Mittwoch erreichten die Preise ein neues Allzeithoch, indem sie erstmals die Marke von 1.900 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter kurzzeitig überschritten.
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