Die Preise für Kohlendioxid (CO2) könnten in Großbritannien um 500 Prozent in die Höhe schnellen, warnte die Regierung am Mittwoch die Lebensmittelproduzenten. Aus diesem Grund wurde die staatliche Nothilfe verlängert, um eine Lebensmittelknappheit abzuwenden. Die Warnung erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem die steigenden Gaspreise in Europa die von Erdgas abhängigen Industrien erschüttert und einige Düngemittelfabriken in den vergangenen Wochen zur Schließung gezwungen haben.
Die Düngemittelproduktion ist eine wesentliche Quelle von industriellem CO2. Bei der Umwandlung von Erdgas in Düngemittel entsteht CO2 als Nebenprodukt für die industrielle Nutzung. In der Lebensmittelproduktion wird Kohlendioxid auf verschiedene Weise verwendet, unter anderem zur Betäubung von Tieren vor der Schlachtung, als alternatives Kühlmittel, zur Kühlung von Fleisch und anderen Lebensmitteln während der Verarbeitung und als Sauerstoffverdränger in Verpackungen mit modifizierter Atmosphäre. Im Vereinigten Königreich sind Schlachthöfe in hohem Maße auf CO2 angewiesen.
Als sich die Versorgungslage beim CO2 verschlechterte, schloss London ein Abkommen mit dem US-Unternehmen CF Industries, um die Produktion in zwei geschlossenen Anlagen wieder aufzunehmen. Umweltminister George Eustice sagte Sky News:
"Die Lebensmittelindustrie weiß, dass die Kosten für Kohlendioxid stark ansteigen werden."
Er fügte hinzu, dass der CO2-Preis von 200 Pfund (233 Euro) pro Tonne auf rund 1.000 Pfund (1.165 Euro) steigen werde.
Dem Regierungsvertreter zufolge würde die dreiwöchige Unterstützung von CF, die etwa 60 Prozent des britischen CO2 liefert, "viele Millionen, möglicherweise zweistellige Millionenbeträge, kosten, dient aber dazu, einige dieser Fixkosten abzufangen".
Während die Regierung und Premierminister Boris Johnson wiederholt Befürchtungen zurückgewiesen haben, dass es zu einer Verknappung traditioneller weihnachtlicher Speisen wie Truthahn kommen könnte, sagen Kritiker, dass die befristete Vereinbarung zur Lieferung von Kohlendioxid die Probleme der Lebensmittelindustrie nicht lösen wird. Richard Walker, Geschäftsführer der Supermarktkette Iceland, sagte Reuters:
"Ein dreiwöchiges Abkommen wird Weihnachten nicht retten."
"Wir brauchen eine dauerhafte Lösung, um die Versorgung mit frischen Lebensmitteln aufrechtzuerhalten."
Minister Eustice stellte weiter fest:
"Wir wissen, dass, falls wir nicht handeln, bis zu diesem Wochenende oder sicherlich bis Anfang kommender Woche einige der Geflügelverarbeitungsbetriebe schließen müssen."
"Und dann hätten wir Probleme mit dem Tierschutz, weil viele Hühner in den Betrieben nicht rechtzeitig geschlachtet werden könnten und wahrscheinlich eingeschläfert werden müssten. Und wir hätten eine ähnliche Situation mit Schweinen."
Nach Angaben des Unternehmens Nippon Gases werden auch weitere Länder in Europa unter CO2-Knappheit leiden, da die Vorräte in der Region um 50 Prozent zurückgegangen sind.
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