Bis zu 800.000 Dosen von AstraZeneca in Großbritannien abgelaufen — Dritter Welt fehlt Impfstoff

Geschätzte 800.000 Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs sollen in Großbritannien im August abgelaufen sein. Zu diesem Schluss kam die britische Zeitung The Daily Telegraph. Dies erfolgt vor dem Hintergrund mangelnder Impfdosen in Entwicklungsländern. 

Die Haltbarkeit von rund 800.000 Dosen des COVID-19-Impfstoffs AstraZeneca soll in Großbritannien abgelaufen sein. Zu diesem Schluss kam die britische Zeitung The Daily Telegraph. Dies sei darauf zurückzuführen, dass im Mai die Regierung des Königreichs den Bürgern unter 40 Jahren von der Impfung mit AstraZeneca wegen Daten über mögliche Thrombose-Nebenwirkungen abriet. Allerdings waren damals bereits Impfdosen an Krankenhäuser geliefert worden, heißt es in dem Artikel. Nun müssen diese Dosen entsorgt werden. Der Analyse der Zeitung liegen offizielle Daten aus mehreren Regionen des Landes zugrunde.

Im Artikel von The Daily Telegraph heißt es, dass zum BeispielWales, das die umfassendsten Daten zum Impffortschritt veröffentlicht und gleichzeitig den niedrigsten Prozentsatz an Impfstoffverlusten habe, am 5. September 40.000 abgelaufene AstraZeneca-Dosen meldete. Das seien ca. 1,7 Prozent der Impfungen in Wales. Daraus schließt die Zeitung, wenn der Prozentsatz der Verluste in ganz Großbritannien ungefähr gleich hoch wäre, müssten nun mindestens 800.000 Dosen des Arzneimittels entsorgt werden.  

Unterdessen sorgen nicht eingesetzte Impfstoffe unter den Medizinern in Großbritannien für Empörung. Jane Lothian, die leitende Beamtin des lokalen medizinischen Komitees der Grafschaft Northumberland, erklärte:

"Wir sind ja bekümmert, weil wir wissen, dass die Dritte Welt diese braucht und wir hier diese in den Mülleimer werfen."

In Großbritannien wird in den kommenden Tagen mit einer Entscheidung der Impfkommission über eine Empfehlung hinsichtlich der flächendeckenden Auffrischungsimpfung gerechnet. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA erteilte erst am Donnerstag die Zulassung der Impfstoffe von AstraZeneca und BioNTech dafür.

Die leitende Wissenschaftlerin bei der Entwicklung des AstraZeneca-Impfstoffs sprach sich gegen flächendeckende Auffrischungsimpfungen in Großbritannien aus. Stattdessen solle Impfstoff an Länder mit niedrigeren Impfraten abgegeben werden, so Sarah Gilbert von der Universität Oxford. Sinnvoll sei eine Auffrischungsimpfung bei älteren Menschen und solchen mit unterdrücktem Immunsystem. Bei der Mehrheit halte die Schutzwirkung des Impfstoffs aber gut an, so Gilbert weiter.

In Deutschland bekommen Pflegebedürftige, über 80-Jährige und Menschen mit Immunschwäche zum Teil schon eine dritte Impfung angeboten. Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission dazu steht noch aus.

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(rt/dpa)