Belgischer Sender interviewte flüchtigen islamistischen Attentäter – und wusste es nicht

Der belgische Sender "RTBF" interviewte unwissentlich am 14. November 2015, nur einen Tag nach den verheerenden Anschlägen in Paris – unter anderem auf den Musikclub Bataclan – einen der Attentäter. Was der Attentäter in diesem Interview sagte, zeugt von blankem Hohn.

Der belgische Sender RTBF hat, ohne es zu wissen, einen Tag nach den Terror-Anschlägen vom 13. November in Paris ein Interview mit dem seinerzeit flüchtigen Attentäter Salah Abdeslam geführt. Bei den Terroranschlägen wurden unter anderem das Stade de France während eines Freundschaftsspiels zwischen Frankreich und Deutschland und der Musikclub Bataclan angegriffen. 130 Menschen wurden getötet, 683 verletzt.

RTBF hatte das Interview nicht gesendet, aber archiviert. Nun – kurz vor Prozessbeginn gegen die Bataclan-Attentäter – macht der Sender die Aufnahmen öffentlich. In dem Interview befragt die ahnungslose Journalistin den Attentäter ausgerechnet nach den Polizeivorkehrungen an der französisch-belgischen Grenze. Abdeslam sagt in dem Interview zu den Grenzkontrollen:

"Dies ist die dritte. Dritte Kontrolle. Ehrlich gesagt, fanden wir das ein bisschen übertrieben. Aber wir haben schon ein wenig verstanden ... warum."

Das Interview wurde einen Tag nach den Anschlägen in der Nähe der belgisch-französischen Grenze geführt, zu einem Zeitpunkt, als die Beteiligung von Abdeslam bei den Terroranschlägen noch nicht bekannt war. Abdeslam reiste damals zusammen mit zwei weiteren Komplizen des Attentats, mit Mohamed Amri und Hamza Attou. Die Journalistin beschrieb die Gruppe in ihrem Beitrag als "drei sehr müde junge Menschen" mit "zerknitterten Gesichtern" und "nicht besonders freundlich".

Laut den Ermittlungen setzte Abdeslam am 13. November die drei Selbstmordattentäter am Stade de France mit einem Wagen ab. Danach verließ er das Fahrzeug und wartete darauf, von Mohamed Amri und Hamza Attou abgeholt zu werden. Die drei Männer überquerten daraufhin in einem weiteren Fahrzeug die Grenze nach Belgien. Und sie hatten auch dabei noch Glück: Die Grenzbeamten fanden zwar Cannabis im Fahrzeug – hielten die drei aber nicht auf. Danach tauchte Abdeslam für vier Monate unter, bis er schließlich in Molenbeek festgenommen wurde.

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