Litauen hat wegen einer mutmaßlichen illegalen Grenzüberschreitung durch weißrussische Sicherheitskräfte eine Note an die Führung des Nachbarlandes übermittelt. Wie das Außenministerium des baltischen EU- und NATO-Landes am Mittwoch mitteilte, sei in der Note ein "entschiedener Protest gegen wiederholte Verletzungen der litauischen Staatsgrenze" zum Ausdruck gebracht worden.
Außenminister Gabrielius Landsbergis sprach von einer "weiteren Provokation und Spannungseskalation in einer bereits ziemlich angespannten Situation". Der Vorfall sei äußerst besorgniserregend. Litauens NATO- und EU-Partner seien darüber informiert worden. Der Diplomat forderte die Regierung in Minsk auf, auf solche Handlungen zu verzichten. Regierungschefin Ingrida Simonyte betonte, Litauen nehme den Vorfall sehr ernst. Der Präsident des Europäischen Parlaments, David Sassoli, verurteilte bei einem Besuch in Vilnius den Vorfall und sicherte Litauen Hilfe zu:
"Es ist eine Frage der Menschlichkeit, aber auch eine Frage des Schutzes der Grenze der Europäischen Union."
Am Dienstag hatte der litauische Grenzschutz mitgeteilt, dass zwölf weißrussische Sicherheitsbeamte illegal die Staatsgrenze überschritten hätten. Demnach hätten die mit Schilden und Helmen ausgestatteten Beamten eine Gruppe von 35 Migranten über die Grenze gedrängt und dabei das litauische Territorium betreten. Dann hätten sie sich nach Weißrussland zurückgezogen. Der litauische Grenzschutz veröffentlichte ein Video, das den Vorfall an der Grenze belegen soll. Demnach zeigten die Videoaufnahmen, dass weißrussische Sicherheitskräfte an der Organisation der illegalen Migration beteiligt seien.
Die litauischen Behörden haben in diesem Jahr nach eigenen Angaben bereits gut 4.100 Menschen an der fast 680 Kilometer langen Grenze aufgegriffen. Die meisten Migranten stammen aus dem Nahen Osten. Der weißrussische Staatschef macht für die entstandene Situation die EU-Staaten verantwortlich: Das Land könne Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern, da es wegen der verhängten Sanktionen dafür weder Geld noch Kräfte gebe. Darüber hinaus wirft der weißrussische Grenzschutz seinen litauischen und polnischen Kollegen einen gewaltsamen Umgang mit Migranten vor. Viele nach Weißrussland zurückgedrängte Menschen sollen Verletzungen aufweisen. Momentan untersucht das weißrussische Ermittlungskomitee den Tod eines Irakers, den man schwerverletzt an der litauischen Grenze aufgefunden haben soll.
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(dpa/rt)