Gemischte Reaktionen, aber Grundtendenz positiv. Politiker und Wirtschaftsvertreter haben auf die Verkündung einer Einigung zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland über die Ostsee-Pipeline sowohl mit Erleichterung als auch mit Kritik reagiert.
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Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) begrüßte das Abkommen. Auf Twitter schrieb er noch am Mittwoch:
"Bin erleichtert, dass wir in Sachen Nord Stream 2 mit den USA eine konstruktive Lösung gefunden haben. Wir werden die Ukraine beim Aufbau eines grünen Energiesektors unterstützen und uns dafür einsetzen, den Gastransit durch die Ukraine im nächsten Jahrzehnt zu sichern."
Ein weiteres Regierungsmitglied, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU, erklärte:
"Wir haben uns in den letzten Jahren immer dafür eingesetzt, dass die berechtigten Sicherheitsinteressen der Ukraine respektiert werden."
Er versprach, sich dafür einzusetzen, dass der Gastransit durch die Ukraine über das Jahr 2024 gesichert wird und zeigte sich erfreut darüber, dass die transatlantische Zusammenarbeit wieder intakt sei.
Peter Beyer, Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, zeigte sich über die Einigung zwischen den zwei NATO-Staaten erfreut. In Washington, D.C. erklärte er:
"Es ist ein guter Tag für die transatlantischen Beziehungen, für die deutsch-amerikanische Freundschaft."
Dennoch mahnte er, dass trotz der Einigung weiterhin Differenzen zwischen den USA und Deutschland bezüglich des Pipelineprojektes bestehen.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) befürwortete die Einigung im Streit um die Fertigstellung der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. Sie betonte am Mittwochabend:
"Die Landesregierung stand immer hinter dem Bau dieser Pipeline. Und wir haben den Weiterbau stets unterstützt."
Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen begrüßte die Einigung, da ein Dauerstreit zu diesem Thema zwischen den USA und Deutschland nicht gut gewesen wäre, sagte der Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk. Er bewertete das Abkommen als "Demonstration des Partnerschaftswillens". Wie die US-Regierung hält aber auch Röttgen das Projekt nach wie vor für grundsätzlich falsch und nannte es eine "politische Waffe in der Hand von Wladimir Putin".
Die Bundestagsabgeordnete der Grünen Claudia Müller hingegen lehnte die Einigung kategorisch ab. Sie kritisierte im NDR, dass die osteuropäischen Staaten nicht von dem Projekt profitieren würden. Sie erklärte:
"Es ist eine Einigung, die deutlich macht, dass wir russische Interessen vor die Interessen unserer Partner im Ostseeraum stellen."
Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff kritisierte ebenfalls die Einigung. In einem Interview mit dem Münchner Merkur erklärte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, dass Vertreter beider US-amerikanischen Parteien gegen das Abkommen seien. Zudem isoliere sich Deutschland durch das Projekt in Europa und verärgere seine Verbündeten:
"Es überdeckt die Schramme nach außen, aber dahinter ist viel mehr kaputtgegangen – gerade in der EU."
Der Linken-Politiker Klaus Ernst hingegen bewertete die Einigung als Erfolg, da die Pipeline nun "ohne weitere Sanktionsdrohungen der USA fertiggebaut" werden könne. Dennoch äußerte auch er Kritik an den Kompromissen, die die Bundesregierung eingegangen ist:
"Dass Deutschland als Gegenleistung dafür eine noch aggressivere Haltung gegenüber Russland einnehmen soll, widerspricht allerdings dem Gedanken der Souveränität Deutschlands und Europas. Extraterritoriale Sanktionen sind und bleiben völkerrechtswidrig."
Auch grenzte er sich von den an Russland gerichteten Vorwürfen ab, es wolle "Energie als Waffe" einsetzen. Er erklärte, dass die USA selbst allerdings genau solch ein Verhalten in der Vergangenheit gezeigt hätten. Den Grünen warf er mit deren weiterer Ablehnung von Nord Stream 2 "Realitätsferne" vor.
Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft hat die Einigung der USA und Deutschlands zur Ostseepipeline Nord Stream 2 begrüßt. Der Vorsitzende Oliver Hermes erklärte am Donnerstag:
"Wir hoffen, dass die nun erzielte deutsch-amerikanische Verständigung über Nord Stream 2 die jahrelangen Unsicherheiten für die beteiligten Unternehmen beseitigt und den Weg für dieses wichtige europäische Energieprojekt endlich freimacht. Wir halten Nord Stream 2 weiterhin für eine Schlüssel-Infrastruktur für die künftige deutsche und europäische Energieversorgung."
Kurzfristig werde die Pipeline helfen, die rasch sinkende Erdgasproduktion in den Niederlanden und in Norwegen sowie einen steigenden Gasbedarf durch den Kohle- und Atom-Ausstieg auszugleichen, so Hermes:
"Mittelfristig hat die Pipeline großes Potenzial, auch Wasserstoff zu transportieren und die jahrzehntelange, verlässliche Energiepartnerschaft mit Russland zu einer Klimapartnerschaft weiterzuentwickeln."
Dennoch betonte die Wirtschaftsorganisation:
"Europäische Energiepolitik muss grundsätzlich weiter in Brüssel, nicht in Washington gemacht werden. Die angekündigte enge Abstimmung der USA und Deutschlands in der Energie- und Klimapolitik in Mittel- und Osteuropa kann aber einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten."
(rt/dpa)