"Faschismus breitet sich auf Gerichte aus": Erdoğans Sprecher erbost über Kopftuchurteil des EuGH

In einem Urteil hat der Europäische Gerichtshof jüngst Arbeitgebern gestattet, ihren Angestellten das Tragen religiöser Symbole wie Kopftücher zu verbieten. Scharfe Kritik an dem Urteil kommt nun aus Ankara.

Der Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat die EU beschuldigt, an die faschistische Vergangenheit des europäischen Kontinents anzuknüpfen, nachdem ein oberstes Gericht entschieden hat, dass Arbeitgeber ihren Angestellten das Tragen religiöser Symbole, einschließlich des Kopftuchs, verbieten können.

Das diese Woche vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gefällte Urteil sei "falsch" und "ein Versuch, dem Rassismus Legitimität zu verleihen", sagte Fahrettin Altun, der Kommunikationsdirektor des Büros von Präsident Erdoğan, am Samstag auf Twitter. Demnach sei es "unglaublich, dass sich der Faschismus soeben auf die Gerichte" der EU ausgebreitet habe, und fügte hinzu, dass "Europa nun versucht, seine dunkle Vergangenheit zu umarmen, anstatt sie anzuprangern". Man verurteile diese Entscheidung, die "gegen die Menschenwürde" verstoße, so der Präsidentensprecher. 

Der EuGH hatte am Donnerstag die Befugnisse von Arbeitgebern gestärkt, die muslimischen Mitarbeiterinnen das Tragen von Kopftüchern verbieten. Die zuständigen Richter entschieden vor dem Hintergrund von zwei Streitfällen in Deutschland, dass ein Kopftuchverbot gerechtfertigt sein kann, wenn der Arbeitgeber gegenüber Kunden ein Bild der Neutralität vermitteln oder soziale Konflikte vermeiden will.

Zugleich machten sie allerdings deutlich, dass dann auch keine anderen sichtbaren Bekundungen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen erlaubt sein dürfen. Demnach ist zum Beispiel kein Kopftuchverbot möglich, wenn gleichzeitig einer katholischen Frau das offene Tragen einer Kette mit einem religiösen Kreuz gestattet wird.

Die gesetzlich vorgeschriebene religiöse Neutralität an Arbeitsplätzen in einigen europäischen Ländern ist seit langem ein umstrittenes Thema, wobei die Verteidiger muslimischer Rechte argumentieren, dass islamische Gläubige von solchen Einschränkungen unverhältnismäßig stark betroffen seien.

Erdoğan, dessen Partei AKP islamistische Ursprünge hat, ist einer der lautstärksten Kritiker dessen, was er als europäische Voreingenommenheit gegenüber Muslimen wahrnimmt. Das türkische Außenministerium verurteilte das EuGH-Urteil am Sonntag und nannte es "ein neues Beispiel für die Bemühungen, Islamophobie und Intoleranz gegenüber Muslimen eine institutionelle und rechtliche Identität in Europa zu geben."

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