EZB gibt grünes Licht für digitalen Euro – Bargeld gerät immer stärker unter Beschuss

Die EZB hat sich am Mittwoch festgelegt: Aus den bislang wenig konkreten Plänen für eine zentrale Digitalwährung soll nun das ambitionierte Vorhaben des digitalen Euro in den nächsten fünf Jahren realisiert werden. Parallel dazu gerät Bargeld immer stärker auf das Abstellgleis.

Geraume Zeit lagen sie nur in der Schublade, nun werden die Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Einführung eines digitalen Euro konkret. Wie die Notenbank in Frankfurt am Main am Mittwoch mitteilte, hat der EZB-Rat, die oberste geldpolitische Institution in der EU, konkretisierten Plänen Richtung Realisierung des Großprojektes zugestimmt, wie die FAZ berichtet

EZB-Chefin Christine Lagarde sagte dazu:

"Es ist neun Monate her, dass wir unseren Bericht über einen digitalen Euro veröffentlicht haben. In dieser Zeit haben wir weitere Analysen durchgeführt, Beiträge von Bürgern und Fachleuten eingeholt und einige Experimente durchgeführt – mit ermutigenden Ergebnissen."

Im Anschluss fasste sie die Entschlüsse des Gremiums zusammen: 

"All dies hat uns zu der Entscheidung veranlasst, einen Gang höher zu schalten und das Projekt des digitalen Euro zu starten. Mit unserer Arbeit wollen wir sicherstellen, dass Bürger und Unternehmen auch im digitalen Zeitalter Zugang zur sichersten Form des Geldes, dem Zentralbankgeld, haben."

Konkret heißt das, dass ab sofort eine zweijährige Untersuchungsphase beginnen soll, an die eine drei Jahre dauernde Testphase im Anschluss geplant ist, ehe der digitale Euro eingeführt wird. Für den ganzen Zeitraum ist eine verstärkte Kooperation mit sämtlichen EU-Staaten und Institutionen geplant. Auch außereuropäische Akteure drängen Lagarde zum Handeln: Zum einen will man den Anschluss an China bei der Einführung einer digitalen Währung nicht verlieren, zum anderen nichtstaatlichen Digitalwährungen wie Bitcoin, Ethereum oder Dogecoin nicht das Feld überlassen. 

Die Bürger sollen voraussichtlich von den Banken sogenannte digitale Brieftaschen ("Wallets", analog zu Kryptowährungen) erhalten, auf denen sie ihr Geld speichern können – vermutlich jedoch ohne eine Blockchainfunktion. Gerade diese ermöglicht es Besitzern von Bitcoin und Co., jede Transaktion anonym nachvollziehen zu können. Die EZB setzt lieber auf "Echtzeit-Überweisungssysteme", die bereits in Italien zum Einsatz kommen. 

Der Vorteil für die Kunden soll darin bestehen, dass sie "digitales Zentralbankgeld" generieren können, das wie Bargeld eine bindende Forderung gegen die EZB sei. Geht die private Hausbank bankrott, wäre der digitale Euro "sicher" – das ginge allerdings auch mit einem massiven Machtausbau der EZB einher. Denn wie das Handelsblatt berichtet, könne folglich theoretisch jeder EU-Bürger ein Konto bei der EZB eröffnen – diese lehnt das jedoch ab, um die Privatbanken nicht überflüssig zu machen. 

Viele Menschen stellen sich die Frage, ob durch den digitalen Euro sämtliche Transaktionen durch die EZB und womöglich andere EU-Institutionen kontrolliert werden könnten. EZB-Direktor Fabio Panetta, zuständig für Zahlungsverkehr in Frankfurt, meint, dass ein digitaler Euro den Datenschutz sogar verbessern würde, denn die EZB als "öffentliche Institution" habe kein Interesse daran, Daten zu sammeln oder an Dritte weiterzugeben. Die EZB garantiert das Bargeld auch dann, wenn der Digitaleuro kommen werde. Aber "mögliche Verdrängungen im Geschäftsalltag kann sie natürlich nicht ausschließen", wie die FAZ resümiert.

  

Bundesbankvorstand Burkhard Balz meinte am Mittwoch zum Projekt digitaler Euro: 

"Die Experimente zum digitalen Zentralbankgeld haben gezeigt, dass technisch vieles machbar ist. Aber die Frage ist, ob alles technisch Machbare politisch und volkswirtschaftlich auch sinnvoll ist."

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