Es hagelte Sanktionen aus den USA, und innerhalb Deutschlands waren mehrere Instanzen mit Klagen von Naturschützern beschäftigt. Doch in diesem Jahr soll der erste Strang der Ostseepipeline Nord Stream 2 in Betrieb genommen werden, am zweiten Strang wird gearbeitet, insgesamt steht das Projekt kurz vor der Fertigstellung.
Sogar Washington hat den Druck auf das Pipelineprojekt, der sich unter der Trump-Administration auch in Sanktionen gegen deutsche Firmen manifestiert hatte, zuletzt stark abgeschwächt. US-Außenminister Antony Blinken, der noch im Januar betont hatte, er sei "entschlossen, alles zu tun, was wir können", um die Fertigstellung von Nord Stream 2 zu verhindern, sagte im Juni vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des US-Repräsentantenhauses, dass die Fertigstellung von Nord Stream 2 "eine vollendete Tatsache" sei.
Doch der Naturschutzbund NABU stellt sich quer, hat zwei Klagen gegen den Bau der Pipeline eingereicht und will die Aufhebung der Baugenehmigung für die deutsche Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) erreichen. Die erste Klage hatte der NABU bereits im Frühjahr 2018 am Oberverwaltungsgericht Greifswald wegen der Umweltauswirkungen in mehreren Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und Vogelschutzgebieten sowie wegen Klimaschutzbedenken eingereicht. Die zweite Klage betrifft den Bau der Pipeline in der Ausschließlichen Wirtschaftszone.
Gegen die dortige Genehmigung hatte der NABU ebenfalls schon im Jahr 2018 Widerspruch beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) eingelegt und zuletzt im März 2021 erweitert, nachdem eine zweite Änderungsgenehmigung erteilt worden war. Diesen Widerspruch hatte das BSH am 1. April 2021 abgewiesen, daraufhin beschritt der NABU den Klageweg.
Am Freitag hat der Umweltverband diese Klage begründet und dabei wieder betont, dass Naturschutzrecht und Klimaschutz durch das Pipeline-Projekt nicht ausreichend beachtet würden. Die Baugenehmigung des BSH verletze das Habitatschutzrecht sowie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, basiere auf einer fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung und missachte Vorgaben des Klimaschutzgesetzes, erklärten die Umweltschützer am Freitag in einer Mitteilung.
Jedoch sind auch der Ausbau von Transit für erneuerbare Energien sowie deren Produktion alles andere als unumstritten, wie verschiedene Bürgerinitiativen und laufende Klagen zum Beispiel gegen die "Uckermarkleitung" zeigen. Dabei handelt es sich um eine Stromtrasse, deren Ausbau durch Vattenfall zunächst seit Jahren in Planung ist und die mitten durch Naturschutzgebiete sowie nahe Wohngebiete erweitert werden soll.
Weiter bemängelt der NABU, dass Nord Stream 2 als Ausgleich für die Eingriffe beim Bau nicht die vom Verband geforderte Kompensation leiste – nachdem es zu einer Zahlung von zwei Millionen Euro verpflichtet wurde. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte im Januar ein vom NABU beauftragtes Gutachten veröffentlicht, wonach kein Bedarf für weitere Gasinfrastruktur bestehe, unter anderem, weil dies mit aktuellen Klimaschutzzielen nicht vereinbar sei. Zudem sei der Bedarf an Gas insgesamt zurückgegangen, weshalb sowohl kurzfristig als auch langfristig kein zusätzlicher Importbedarf bestehe.
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