Polen und Ungarn stehen zunehmend im Fadenkreuz der EU. Rechtliche Schritte, aber auch schärfere Mittel werden gegen die beiden östlichen EU-Länder erwogen.
Letzte Woche konfrontierten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union Ungarns Premierminister Viktor Orbán wegen des neuen ungarischen Anti-LGBT-Gesetzes und betonten ihre Verpflichtung, die Rechte von Homosexuellen zu verteidigen und Druck auf Budapest auszuüben.
Der französische Staatssekretär für Europäische Angelegenheiten Clément Beaune sagte am Mittwoch, er sei nicht für einen Rauswurf Ungarns aus der Europäischen Union, und wiederholte damit frühere Kommentare des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in diese Richtung. "Ich bin nicht dafür, dass Ungarn aus der Europäischen Union geworfen wird", sagte er dem Radiosender RTL.
Aber Beaune erwarte eine Form von Sanktionen gegen Ungarn wegen des Anti-LGBT-Gesetzes.
Die EU beklagte außerdem, dass LGBT-Rechte in allen Mitgliedsstaaten respektiert werden müssen. Polens regierende nationalistische Partei habe antihomosexuelle Politik zum Teil ihrer Regierung gemacht.
Im März verbot sie ausdrücklich gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption von Kindern, während mehr als 100 Städte und Gebiete sich als "LGBT-frei" erklärten.
"Wir prüfen, ob es eine Verletzung der EU-Verträge" bei der Schaffung dieser Zonen gibt, sagte ein EU-Beamter und fügte hinzu, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen ist. Ein zweiter Beamter bestätigte, dass die in Brüssel ansässige Exekutive die Angelegenheit prüft.
Ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren würde Polen dazu auffordern, die Zonen zu beseitigen, was, wenn es nicht eingehalten wird, zu Geldstrafen führen könnte.
Auf Nachfrage sagte ein Sprecher der polnischen Regierung: "Es gibt keine Gesetze in Polen, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren würden."
Polen befindet sich bereits unter einer speziellen EU-Untersuchung wegen Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit.
Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ist wiederholt mit der EU über ihre Werte aneinandergeraten, als sie Gerichte und Medien unter mehr staatliche Kontrolle brachte, Frauenrechte einschränkte und Einwanderung aus dem Nahen Osten und Afrika ablehnte.
Polen sollte das ungarische Gesetz kopieren, das Schulen verbietet, Materialien zu verwenden, die als Förderung der Homosexualität gesehen werden, sagte der polnische Bildungsminister Przemyslaw Czarnek in einem Interview am Montag: "Wir sollten diese Regelungen auf polnischem Boden in ihrer Gesamtheit kopieren!"
Czarnek, dessen Ansichten über LGBT-Rechte und die polnisch-jüdische Geschichte einige dazu veranlassten, seine Ernennung im Jahr 2020 in Frage zu stellen, zog sich letzte Woche scharfe Kritik von der Opposition für Kommentare über eine LGBT-Gleichstellungsparade in Warschau zu, als er in Frage stellte, ob das Verhalten der Teilnehmer normal sei.
"Diese Leute kommen auf die Straße, beleidigen Katholiken auf vulgäre Weise ... verhalten sich obszön, und das soll in Ordnung sein?", wurde er am Montag zitiert.
Trotz dieses Drucks und der Tatsache, dass Polen ein Hauptabnehmer der EU-Finanzhilfe ist, hat sich Warschau größtenteils geweigert, den Kurs zu ändern, und sagte, es müsse die traditionellen, katholischen Bräuche des Landes verteidigen.
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