Stefan Löfven, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SAP), übt derzeit sein Amt als Ministerpräsident nur noch kommissarisch aus. Das Misstrauensvotum am 21. Juni hatte er mit seiner Regierung verloren. Dieses war durch eine angestrebte Lockerung der Mietpreisbremse ausgelöst worden. Die Linkspartei kündigte Löfven ihre Unterstützung auf.
Die Opposition nutzte das Votum, um eine Regierungskrise herbeizuführen. Sie werfen Löfven Versagen in der Pandemie-Politik und dem Kampf gegen Kriminalität im Land vor. Die regulären Wahlen in Schweden sind erst für September 2022 angesetzt. Neuwahlen will Löfven nach Möglichkeit vermeiden. Bis Ende Juli soll eine neue Regierung stehen. Vier Anläufe kann Parlamentspräsident Andreas Norlen unternehmen, um eine neue Regierung zu formen. Scheitern diese, muss es Neuwahlen geben.
Als erstes war am Dienstag Parteiführer der Moderaten (Moderaterna) Ulf Kristersson damit beauftragt worden, eine neue Regierung zu formen. Die Moderaten sind die zweitgrößte Partei im schwedischen "Riskdag". Kristersson könnte der neue Premierminister werden. Bis Freitag bleibt Kristersson eigentlich Zeit. Er könnte jedoch um eine Verlängerung der Frist bitten.
Die Liberalen (Liberalerna) aber wollen, nach Aussage der Parteiführerin Nyamko Sabuni, keine Mitte-Links-Partei mehr unterstützen und stattdessen eine konservative Regierung bestehend aus Moderaten, Christdemokraten und den rechtskonservativen Schwedendemokraten. Diese Parteien entstammen dem sogenannten Allianz-Block. Hier wird es darauf ankommen, wie geeint die Liberalen in diesem Bestreben tatsächlich sind. Einige Stimmen sehen die Regierungsbildung durch die Moderaten als unwahrscheinlich an. Es müsse Neuwahlen geben, welche den konservativen Parteien eine Mehrheit bescheren würden.
Die Schwedendemokraten unter Jimmie Åkesson werden auch als Anti-Einwanderungs-Partei bezeichnet. Eine Koalition mit ihnen wäre vor geraumer Zeit noch ein Tabubruch gewesen. Nun könnten sie erstmalig in das Regierungskabinett einziehen.
Eine weitere Kandidatin wäre die Vorsitzende der Zentrumspartei Annie Lööf. Angesichts ihrer Beliebtheit werden ihr gute Chancen eingeräumt. Für sie gibt es zwei Möglichkeiten: Sie könnte Ministerpräsidentin mit einer "springenden Mehrheit" (hoppande majoritet) aus Zentrumspartei, den Grünen und den Liberalen werden. Oder sie fordert das Amt von Löfven im Gegenzug für die Zusammenarbeit mit der Linkspartei ein.
Löfven könnte aber auch weiterhin die Regierung anführen. Die Linkspartei sprach sich bereits für eine Fortführung unter der Leitung Löfvens aus. Die Zentrumspartei ließ verlauten, sie werde von dem Streitthema Marktmieten absehen, forderte aber im Gegenzug ihrer Unterstützung niedrige Steuern für geringe bis mittlere Einkommen.
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