Nicht nur in Israel, sondern auch in den USA werden derzeit mehrere Fälle untersucht, in denen nach Impfungen mit dem BioNTech/Pfizer-Impfstoff Herzmuskelentzündungen bei den geimpften Personen auftraten. Nach Angaben der zuständigen Gesundheitsbehörden sollen vor allem jüngere Personen und Männer häufiger als Frauen betroffen sein. Doch jüngere Personen sind offenbar nicht die einzigen Personen, bei denen es nach den Corona-Impfungen mit dem BioNTech/Pfizer-Präparat zu Todesfällen kam: Ein norwegisches Komitee aus Gesundheitsexperten stellte nun fest, dass die Impfung mit dem BioNTech/Pfizer-Vakzin in einigen Fällen "wahrscheinlich" auch für den Tod älterer Pflegeheimbewohner verantwortlich war.
Eine von der norwegischen Arzneimittelbehörde in Auftrag gegebene Expertenprüfung, über die in der Fachzeitschrift British Medical Journal berichtet wurde, war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Impfungen mit dem BioNTech/Pfizer-Vakzin für mindestens zehn Todesfälle bei gebrechlichen alten Menschen in Pflegeheimen in Norwegen verantwortlich waren. Die Expertengruppe wurde im Februar 2021 eingesetzt, um die Ursache für die ersten Hundert gemeldeten Todesfälle von Pflegeheimbewohnern zu untersuchen, die mit dem BioNTech/Pfizer-Vakzin geimpft worden waren. Zu dieser Zeit waren bereits 30.000 ältere Pflegeheimbewohner in Norwegen geimpft worden.
In Pflegeheimen ist die Sterblichkeitsrate im Allgemeinen hoch, daher war zu erwarten, dass einige Pflegeheimbewohner im zeitlichen Zusammenhang zur Corona-Impfung versterben. Dennoch wollte die Norwegische Arzneimittelbehörde feststellen, ob der Impfstoff die Todesfälle möglicherweise beschleunigt hatte, und ein klares Verständnis für die Risiken und Vorteile der Impfung von älteren gebrechlichen Menschen gewinnen.
Der Bericht vom 19. Mai kam zu dem Ergebnis, dass in zehn der 100 Fälle ein kausaler Zusammenhang zwischen der BioNTech/Pfizer-Impfung und dem Tod "wahrscheinlich" sei, in 26 Fällen sei ein Zusammenhang "möglich" und in 59 Fällen "unwahrscheinlich". Fünf Fälle wurden als "nicht klassifizierbar" eingestuft. Die Gesundheitsexperten erklärten, dass die Schlussfolgerungen mit hohen Unsicherheiten behaftet seien, dennoch können "unerwünschte Reaktionen" auf die Impfstoffe bei sehr gebrechlichen Patienten eine Reihe von Komplikationen auslösen, die im schlimmsten Fall zu einem früheren Tod führen können.
Nach Aussage von Sigurd Hortemo, dem leitenden medizinischen Berater der Norwegischen Arzneimittelbehörde, können gebrechliche Menschen zwar von der Corona-Impfung profitieren, da sie bei einer Infektion mit COVID-19 ein höheres Risiko hätten, schwer zu erkranken oder zu versterben.
"Dennoch glaubt die Expertengruppe, dass bei einigen dieser gebrechlichen Patienten die üblichen Nebenwirkungen zu einem schwereren Krankheitsverlauf beigetragen haben könnten."
Menschen mit einer sehr geringen Lebenserwartung hätten der Gruppe zufolge wenig davon, geimpft zu werden. Es bestehe zudem ein echtes Risiko, dass ältere Patienten durch die Impfungen zu einem früheren Zeitpunkt sterben und sie in den letzten Tagen ihres Lebens unerwünschte Reaktionen auf den Impfstoff erleben.
Bei sehr gebrechlichen Personen mit einer sehr kurzen Lebenserwartung solle deshalb eine sorgfältige Abwägung des Nutzens und der Risiken der Impfung vorgenommen werden. Das Expertenteam ist der Ansicht, dass es oft besser sein könne, nicht zu impfen. Die Richtlinien zur Risikobewertung des Norwegischen Instituts für Öffentliche Gesundheit seien jedoch ausreichend. Darin wird empfohlen, dass Ärzte vor der Corona-Impfung bei extrem gebrechlichen oder todkranken Patienten die Vor- und Nachteile der Impfung abwägen sollen. Die Gesundheitsexperten erklärten weiter, dass das Risiko von tödlichen Impfnebenwirkungen unter anderem durch Medikamentenüberprüfungen und eine optimierte Behandlung komorbider Erkrankungen verringert werden könne.
Mit Stand vom 18. Mai 2021 wurden in Norwegen 155 Todesfälle nach Impfungen mit dem BioNTech/Pfizer-Vakzin gemeldet. In den meisten Fällen waren ältere Pflegeheimbewohner betroffen. Der Pharmakonzern Pfizer erklärte in einer Mitteilung, dass alle Entscheidung bei den Gesundheitsbehörden liegen. Weiter verwies der Konzern darauf, dass weltweit mehr als 300 Millionen Dosen des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs verabreicht wurden:
"Es wird erwartet, dass schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, die nicht mit der Impfung in Zusammenhang stehen, aber zeitlich eng mit ihr verbunden sind, bei geimpften Personen mit einer ähnlichen Rate auftreten wie in der Gesamtbevölkerung."
In Norwegen werden im Rahmen der Impfkampagne derzeit nur die Corona-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna eingesetzt. Die Verwendung des AstraZeneca-Impfstoffs wurde von den Behörden am 11. März wegen aufgetretener, teilweise tödlicher Fälle von Blutgerinnseln ausgesetzt.
Geir Bukholm, Direktor der Abteilung für Infektionskontrolle und Umweltgesundheit am Norwegischen Institut für Öffentliche Gesundheit, sagte diesbezüglich:
"Da es in Norwegen nur wenige Menschen gibt, die an COVID-19 sterben, wäre das Risiko, nach der Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff zu sterben, höher als das Risiko, an der Krankheit zu sterben, insbesondere für jüngere Menschen."
Mehr zum Thema - Impfen, bis der Arzt kommt: Paul-Ehrlich-Institut meldet Hunderte Todesfälle