Nach forcierter Landung in Minsk: Druck auf Weißrussland steigt

Am Sonntag hatte ein falscher Bombenalarm ein Flugzeug, in dem sich ein weißrussischer Oppositionsaktivist befand, dazu gezwungen, in Minsk eine Notlandung durchzuführen. Prompt wurde der Aktivist festgenommen. Die westlichen Staaten sind empört und erwägen Sanktionen.

Einen Tag nach der forcierten Landung eines Fluges in Minsk, die zur Festnahme des von Weißrussland gesuchten Bloggers Roman Protassewitsch führte, haben eine Reihe von Regierungen erste Maßnahmen gegen den osteuropäischen Staat verkündet.

Großbritannien setzte die Betriebserlaubnis für die staatliche weißrussische Fluglinie Belavia aus. Das teilte Verkehrsminister Grant Shapps am Montag via Twitter mit. Er habe die Luftfahrtbehörde zudem angewiesen, Fluggesellschaften aufzufordern, den weißrussischen Luftraum zu meiden. Damit solle die Sicherheit der Passagiere gewährleistet werden.

Die litauische Regierung verkündete ein Überflugverbot über den weißrussischen Luftraum. Flugzeuge, die nach Litauen fliegen oder in dem baltischen EU- und NATO-Land starten, dürfen nicht mehr über das benachbarte Weißrussland fliegen. Das Verbot tritt am 25. Mai um Mitternacht (Koordinierte Weltzeit) in Kraft. Betroffen davon sind nach Angaben der Staatskanzlei in Vilnius bis zu 26 Flüge pro Tag von und nach Litauen.

Schwedens Verkehrsbehörde erklärte am Montag, dass die Fluggesellschaften des Landes in Betracht ziehen sollten, den weißrussischen Flugraum zu vermeiden. Die Entscheidung sei im Rahmen einer Empfehlung der Flugsicherheitsagentur der Europäischen Union erfolgt.

Lufthansa erklärte, den weißrussischen Luftraum vorerst nicht mehr durchfliegen zu wollen. Man verwies auf die "aktuell dynamische Lage".

Weißrussland drohen auch neue Sanktionen auf EU-Ebene. EU-Ratschef Charles Michel hofft dabei auf eine Entscheidung über neue Sanktionen gegen Belarus auf dem EU-Gipfel. "Was gestern passiert ist, ist ein internationaler Skandal", sagte der Belgier am Montag vor Beginn des zweitägigen Gipfels. Die Leben europäischer Zivilisten seien in Gefahr gewesen. Dies sei eine Bedrohung für die internationale Sicherheit und die zivile Luftfahrt. Deshalb werde der EU-Gipfel über Sanktionen beraten. "Wir bereiten verschiedene Optionen vor, verschiedene mögliche Maßnahmen, und ich hoffe, dass wir darüber heute Abend Entscheidungen treffen können."

Im Gespräch sind Strafmaßnahmen gegen die Verantwortlichen des Vorfalls sowie ein Landeverbot für die weißrussische Fluggesellschaft Belavia an allen EU-Flughäfen, wie es am Montag aus EU-Kreisen hieß. Auch war im Gespräch, den Transitverkehr zwischen der EU und Belarus auszusetzen. Zudem könnten alle Überflüge von EU-Airlines über Belarus ausgesetzt werden. Mehrere Fluggesellschaften kündigten bereits an, den weißrussische Luftraum zu meiden.

Die EU-Staats- und Regierungschefs könnten die politische Entscheidung darüber treffen. Beschlossen werden müssten Sanktionen dann vom EU-Ministerrat. Die EU hatte wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus bereits im vergangenen Jahr mehrere Sanktionspakete gegen Unterstützer des Präsidenten Alexander Lukaschenko verabschiedet.

Ein Ryanair-Flugzeug, das eigentlich von Athen nach Vilnius unterwegs war, hatte am Sonntag aufgrund einer Bombendrohung, die sich später als falsch erwies, in der weißrussischen Hauptstadt eine Notlandung durchführen müssen. Im Flugzeug befand sich der Gründer des Telegram-Kanals NEXTA Roman Protassewitsch. Ihm wird die Organisation von Massenunruhen und Hetze auf Staatsbeamte und Polizisten vorgeworfen. Dafür könnten ihm bis zu 15 Jahre Haft drohen. 

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(dpa/rt)