Türkischer Außenminister wirft EU Nichteinhaltung des Migrationsabkommens vor

Der türkische Außenminister warf der EU vor, sich nicht an das Migrationsabkommen von 2016 zu halten. Die EU habe weder ein freiwilliges humanitäres Aufnahmesystem für Syrer aktiviert noch die sichere Rückkehr von Syrern in vom Terrorismus befreite Gebiete unterstützt.

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hat der EU vorgeworfen, sich nicht an das Migrationsabkommen von 2016 zu halten. Çavuşoğlu sagte der FAZ, die EU habe unter anderem die zugesagte Modernisierung der Zollunion und die Liberalisierung von Visabestimmungen nicht erfüllt. Zudem habe die EU weder ein freiwilliges humanitäres Aufnahmesystem für Syrer aktiviert noch die sichere, freiwillige und würdige Rückkehr von Syrern in vom Terrorismus befreite Gebiete unterstützt, wie es das Abkommen vorsieht, sagte der türkische Außenminister vor einem Treffen mit seinem Amtskollegen Heiko Maas in Berlin.

"Seit 2015 ist die illegale Migration in die EU über die Ägäis um 92 Prozent zurückgegangen. Dennoch gab es keine großen Fortschritte bei dem, was die EU der Türkei versprochen hatte. Die EU und die Mitgliedsstaaten scheinen es vorzuziehen, ihre Verpflichtungen daraus zu ignorieren und sich nur auf die Verpflichtung der Türkei zur Eindämmung der illegalen Migration zu konzentrieren."

In diesem Zusammenhang erklärte der türkische Außenminister, dass die Erklärung vom 18. März 2016 kein Flüchtlingsabkommen sei, sondern ein Abkommen über die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU. "In seinem fünften Jahr wollen wir, dass es angesichts der sich ändernden und herausfordernden Lage als Ganzes überdacht wird." Angesichts neuer Migrationsrisiken aufgrund der anhaltenden Konflikte in Afghanistan und Syrien oder einer Verlangsamung der Pandemie solle die EU mit der Planung beginnen, wie die Zusammenarbeit fortgesetzt werden könne und was für die Lastenteilung zu tun sei.

In seinem Interview mit der FAZ bedauerte der türkische Außenminister, dass die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei durch die "irrationalen und maximalistischen Forderungen der Griechen und der griechischen Zyprer als Geisel" genommen worden seien. 

Çavuşoğlu wurde auch nach den Beziehungen zwischen der Türkei und Russland gefragt. Der türkische Ausminister sagte, die Türkei versuche, mit Russland eine "Arbeitsbeziehung" herzustellen. Russland sei in einigen regionalen Fragen der wichtigste Akteur. Dabei positive Ergebnisse zu erzielen, sei nicht immer einfach, aber möglich. 

"Unser Dialog mit Russland soll zur regionalen und internationalen Stabilität beitragen. Syrien ist ein Beispiel. Es ist offensichtlich, dass wir unterschiedliche Meinungen haben, dennoch fanden wir Wege der Zusammenarbeit." 

Die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU sowie Deutschland sind längst angespannt. Unter anderem belasten der Konflikt um Gasvorkommen im Mittelmeer und der Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan haben am Mittwoch auf einer Videokonferenz eine Vielzahl von Themen besprochen, darunter die COVID-19-Pandemie, den Zypern-Konflikt sowie die Lage in Syrien und Libyen. Merkel unterstrich dabei, dass ein baldiger Beginn des Abzugs ausländischer Truppen und Söldner aus Libyen ein wichtiges Signal für den Friedensprozess sein würde.

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