Deutschland drängt bei der Beschaffung des russischen Corona-Impfstoffes Sputnik V auf ein gemeinsames Vorgehen der EU. "Wir sind der Meinung, dass das wieder über das europäische System erfolgen soll", hieß es laut dpa am Mittwoch aus Regierungskreisen in Berlin mit Blick auf die Europäische Union (EU). Man habe die EU-Kommission dazu aufgefordert, sich dieser Frage anzunehmen.
Das Vakzin Sputnik V sei zwar noch nicht von der EMA, der Arzneimittelbehörde der EU, zugelassen. Aber man habe auch bei den anderen Impfstoffen schon vor der Zulassung Gespräche geführt. Dieser Prozess beginne damit, dass die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten frage, ob sie Interesse an dem jeweiligen Impfstoff haben.
Die EMA hatte Anfang März ein Prüfverfahren für Sputnik V im Rahmen des sogenannten Rolling Review begonnen. Dabei werden Testergebnisse bereits geprüft, auch wenn noch nicht alle Daten vorliegen oder noch kein Zulassungsantrag gestellt wurde.
EMA-Chef Emer Cooke sagte am Dienstag, dass die Behörde sich darauf vorbereitet, Standorte in Russland zu inspizieren, die den COVID-19-Impfstoff in diesem Land produzieren. Es ist jedoch unklar, wie der Zeitplan der EMA aussieht, um eine endgültige Entscheidung über den russischen Impfstoff zu treffen.
Ein namentlich nicht genannter Vertreter der Bundesregierung sagte, dass die ersten Schritte des EU-Beschaffungsverfahrens in der Zwischenzeit beginnen könnten. In einem Artikel des US-Magazins Politico wird er in mit folgenden Worten zitiert:
"Wir glauben, dass dieser Prozess jetzt beginnen kann, während die [regulatorische Autorisierung] bei der EMA noch läuft. … Wir würden es für richtig halten, wenn die Gespräche jetzt zeitnah beginnen würden."
Der Beamte fügte jedoch hinzu, dass die offiziellen Verhandlungen mit Russland noch nicht begonnen hätten. "Ich glaube, dass dies in naher Zukunft auch wieder politisch diskutiert werden wird", sagte er in Anspielung auf mögliche Diskussionen der EU-Staats- und Regierungschefs zu diesem Thema beim virtuellen Gipfel des Europäischen Rates am Donnerstag und Freitag.
Einige EU-Staaten wie Ungarn oder die Slowakei haben den Impfstoff bereits auf eigene Faust angeschafft. Die Autorisierung des russischen Vakzins auf EU-Ebene ist aber für einige andere Länder umstritten. Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė warnte im letzten Monat, "Sputnik kommt verpackt mit vielen Schichten von Propaganda" und mit einer Ambition, "die EU-Länder und ihre Partner im Süden und im Osten zu spalten."
Mindestens vier EU-Länder sind nötig, um die Aufnahme von Gesprächen über Vorkaufsverträge zu beantragen. Am vergangenen Sonntag sagte die Kommission, dass es "noch keine Gespräche" mit den Sputnik-V-Entwicklern gebe.
Kanzlerin Angela Merkel hatte sich grundsätzlich offen für den Einsatz des russischen Präparats gezeigt. Letzte Woche haben sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller für eine rasche Zulassung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V stark gemacht. Söder verwies in einer Videokonferenz mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen darauf, dass Sputnik V nach allen Gutachten ein guter Impfstoff sei. "Zum Teil ein besserer als bereits zugelassene", fügte er hinzu.
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