Maas kritisiert Austritt der Türkei aus Frauenschutz-Konvention und HDP-Verbot als "falsche Zeichen"

Die EU bedauert die Entscheidung der Türkei, sich aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen gegen Gewalt zurückzuziehen und die prokurdische Oppositionspartei HDP zu verbieten. Damit sende Ankara "absolut die falschen Zeichen", meinte Außenminister Heiko Maas.

Am Rande eines EU-Außenministertreffens am Montag in Brüssel zeigte sich unter anderem Bundesaußenminister Heiko Maas über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei besorgt. Ihm zufolge sind die Aufkündigung der Istanbul-Konvention sowie das Verbotsverfahren gegen die prokurdische Partei HDP "absolut die falschen Zeichen", die das Engagement Ankaras für die Einhaltung der Menschenrechte infrage stellen.

Als positiv wertete der SPD-Politiker allerdings die Entspannung der Lage im östlichen Mittelmeer. Dort hatte die Türkei zuletzt mit umstrittenen Erdgaserkundungen für einen Rechtekonflikt mit Griechenland und Zypern gesorgt. Die Beziehungen zur Türkei ließen sich deshalb als "Licht und Schatten" kennzeichnen, sagte Maas. Er ergänzte:

"Wir werden weiterhin uns darum bemühen, im Dialog zu bleiben."

Man werde diesen auch nutzen, um die falschen Signale anzusprechen, so der Bundesaußenminister.

Zu dem Ministertreffen in Brüssel legte zudem der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell einen umfassenden Bericht über den Stand der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und der Türkei vor. Er soll als eine Grundlage für Gespräche beim bevorstehenden Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag dienen und beinhaltet auch Optionen für den Fall, dass die Türkei weiter auf Konfrontationskurs zur EU geht.

Dazu gehören laut Medienberichten vom Montag auch Maßnahmen gegen "für die türkische Wirtschaft wichtige Sektoren" wie den Tourismus. Zudem werden unter anderem Ein- und Ausfuhrverbote für bestimmte Güter und Technologien als mögliche Strafmaßnahmen genannt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte in der Nacht zum Samstag per Dekret den Austritt aus der Istanbul-Konvention verkündet, die im Jahr 2011 zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen vom Europarat ausgehandelt worden war. Bereits am Mittwoch hatte zudem die Generalstaatsanwaltschaft in Ankara unter anderem wegen Terrorvorwürfen beim Verfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die prokurdische Oppositionspartei HDP gestellt, die die drittgrößte Fraktion im Parlament bildet. Die Behörde verlangt zudem ein fünfjähriges Politikverbot für mehr als 680 HDP-Politiker, unter anderem für die Parteichefs Mithat Sancar und Pervin Buldan sowie für den seit 2016 inhaftierten ehemaligen Vorsitzenden Selahattin Demirtaş.

Der Europarat und die EU-Vertreter übten harsche Kritik an der Aufkündigung der Istanbul-Konvention durch die Türkei und forderten das Land auf, die Entscheidung rückgängig zu machen. Damit würden die Türkei und türkische Frauen ein "wichtiges Instrument" verlieren, hieß es in einer am Sonntag in Straßburg veröffentlichten Erklärung. Zugleich appellierte der Europarat an die Regierung in Ankara, das internationale System zum Schutz von Frauen nicht zu schwächen. Auch US-Präsident Joe Biden bezeichnete den Schritt als "sehr enttäuschend".

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(rt/dpa)