Coronavirus: Serbien schreitet mit großen Schritten in Richtung "Herdenimmunität"

Im Gegensatz zu den meisten EU-Ländern, die sich mit ihrer Impfkampagne derzeit immer noch schwer tun, hat Serbien eine scheinbar einfache Formel gefunden: Die Verantwortlichen im Land entschieden früh, einfach von verschiedenen Herstellern Impfstoffe zu kaufen.

von Marinko Učur, Belgrad

Serbien ist bei der Impfung seiner Bürger gegen das Coronavirus weiterhin führend. Bezogen auf die Zahl der Geimpften pro 100.000 Einwohner steht Serbien derzeit auf dem zweiten Platz in Europa. Davor ist nur noch Großbritannien. Weltweit steht das Westbalkan-Land (rund sieben Millionen Einwohner, ohne die abtrünnige Provinz Kosovo) derzeit auf Platz vier.

Bisher wurden mehr als 550.000 Menschen oder acht Prozent der Einwohner geimpft. Eine bedeutende Anzahl von Bürgern erhielt bereits auch die zweite Dosis. Durch diese Impfdynamik könnte das Land laut Schätzungen wahrscheinlich bis Ende Juni 2021 die sogenannte "Herdenimmunität" erreichen.

Gleichzeitig ist Serbien das einzige Land der Welt, in dem es möglich ist, bei der Online-Registrierung für die Impfung zeitgleich auch den Wunsch zu äußern, welchen Impfstoff man erhalten möchte. Das Interesse an dieser Vorgehensweise ist groß, obwohl es im Land offiziell keine Impfpflicht gibt.

Größtes Interesse der Bürger herrscht am russischen Impfstoff Sputnik V sowie am chinesischen Sinopharm, von denen Serbien bisher mehr als eine Million Dosen geliefert bekommen hat. Andere  Impfstoffhersteller sind ebenfalls vorhanden, jedoch in viel geringerem Maße. Grund dafür sind die bekannten Probleme mit der Lieferdynamik der Hersteller Pfizer/BioNTech und AstraZeneca.

Einer derjenigen, die den russischen Impfstoff Sputnik V erhalten haben, ist Mirsad Đerlek, Staatssekretär beim serbischen Gesundheitsministerium. Gegenüber RT DE erklärte er, dass die Entscheidung der serbischen staatlichen Stellen, Impfstoffe von verschiedenen Herstellern zu beschaffen, angesichts der Ergebnisse "ein großer Schritt" sei, und dass große Aussichten bestünden, Serbien zur "kollektiven Immunität" zu führen. Er fügte hinzu: 

"Es ist offensichtlich, dass EU-Vertreter im Kampf gegen COVID-19 die falsche Strategie verfolgt haben, weshalb sie nun versuchen, sowohl russische als auch chinesische Impfstoffe zu beschaffen. Darüber berichten westlichen Medien schon weit und breit. Ungarn, die Slowakei und Österreich befürworten diese Möglichkeit, genauso wie ihre Bereitschaft, die Impfstoffe in ihren Ländern herstellen zu lassen."

Serbien ging noch einen Schritt weiter und war eines der ersten Länder, das seine Bereitschaft unter Beweis stellte, den russischen Impfstoff in eigenen Produktionsstätten herzustellen. Das Land ist bereit, so viel wie nötig zu investieren, um die inländische Produktion des Impfstoffs Sputnik V nach der russischen Lizenz bis Ende 2021 aufzunehmen. Das hatte erst kürzlich der serbische Staatschef Aleksandar Vučić bestätigt.

Dies ist das Ergebnis eines jüngst stattgefundenen Telefongesprächs zwischen Vučić und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, die eine vorläufige Vereinbarung über die Einleitung des Verfahrens zur Herstellung von Impfstoffen in Serbien getroffen haben. In der Zwischenzeit werden nach der vereinbarten Dynamik zusätzliche Mengen von Sputnik V in Serbien eintreffen.

Die Möglichkeit der Herstellung russischer Impfstoffe in Serbien wurde auch vom serbischen Minister für Innovation und technologische Entwicklung Nenad Popović angekündigt, der ein Foto und Einzelheiten eines Gesprächs mit seinem russischen Kollegen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte. Er schrieb: 

"Mit dem russischen Minister für Industrie und Handel Denis Manturow. Alles ist bereit für die Ankunft russischer Experten in Serbien. Russland wird uns helfen, so schnell wie möglich Kapazitäten für die Herstellung von Impfstoffen in unserem Land aufzubauen. Brüder für immer!"

Am vergangenen Wochenende kündigte Popović zudem auch eine Lieferung weiterer 50.000 Dosen von Sputnik V an, die so bald wie möglich verfügbar sein würden und bereits zur Auslieferung bereit stünden. Am Dienstag gab er via Twitter die Ankunft der Lieferung bekannt und bezeichnete dies als "Bestätigung der besten brüderlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern."

Übrigens kann sich Serbien auch mit der außergewöhnlichen Organisation der Impfkampagne rühmen. Dafür stehen nämlich im ganzen Land rund 400 Impfzentren zur Verfügung.

Doch wie machen die Serben das? Regionale und europäische Medien wundern sich und berichten, dass der Staat rechtzeitig Verhandlungen mit verschiedenen Herstellern aus der ganzen Welt über die Beschaffung von Impfstoffen gegen das Coronavirus aufgenommen hatte. Während EU-Vertreter Zweifel an russischen und chinesischen Impfstoffen hatten, ging Serbien, was zum großen Teil den persönlichen Beziehungen von Präsident Vučić zu Putin und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping zu verdanken war, am weitesten und wurde regional führend. 

Im Gegensatz zu Serbien ist der Impfstart in den benachbarten Balkanländern immer noch ungewiss. Nordmazedonien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina hatten sich bei der Beschaffung auf das COVAX-Impfstoffverteilungsprogramm verlassen.

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