Österreichs Außenminister zu Kritik an Nord Stream 2: "Äpfel mit Birnen vermischt"

Nach der Haftstrafe für Alexei Nawalny mehren sich die kritischen Stimmen gegen Nord Stream 2. Der österreichische Außenminister findet jedoch, man sollte "Äpfel mit Birnen nicht vermischen". Russland sei ein wesentlicher Partner für die Energiesicherheit in Europa.

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg sagte am Mittwoch im Radiosender Ö1:

"Ich glaube, das sind zwei Paar verschiedene Schuhe. Da werden Äpfel mit Birnen vermischt. Nord Stream 2 dient der europäischen Versorgungssicherheit. Russland ist ein wesentlicher Partner für die Energiesicherheit auf dem europäischen Kontinent, war es schon seit Jahrzehnten und wird es auch in Zukunft bleiben. Das wird sich nicht so schnell ändern."

Gleichzeitig bestand Schallenberg auf gezielte Strafmaßnahmen gegen Russland. Die Inhaftierung Alexei Nawalnys werfe einen "gewaltigen Schatten" auf die Beziehung zwischen Österreich und Russland. "Das ist eine völlige Opfer-Täter-Umkehr. Nicht das Opfer des feigen Chemieanschlags, sondern die Täter sollten hinter Gitter", fügte der ÖVP-Politiker hinzu. Er versprach, sich in der EU stark zu machen, um den Druck auf Moskau zu erhöhen. Man habe auch gegenüber der russischen Botschaft die Position Österreichs klar vertreten, so der Politiker. Die Verfolgung des Prozesses gegen Nawalny sei keine Einmischung in interne Angelegenheiten, wie der Kreml es darstellte, da ein Recht auf ein faires Verfahren Teil der Menschenrechtskonvention ist, der Russland beigetreten ist. Schallenberg betonte, dass man die Möglichkeit habe, Sanktionen gegen Einzelpersonen und Entitäten zu verhängen: "Das schmerzt die Betreffenden, das darf man nicht unterschätzen". Er kündigte ein Treffen der EU-Außenminister in den kommenden Tagen an, bei dem mögliche Strafmaßnahmen besprochen werden.

Auch Steffen Seibert, der Sprecher der Bundesregierung, sagte am Mittwoch in Berlin:

"Weitere Sanktionen sind nicht ausgeschlossen."  

Das Urteil gegen Nawalny sei "fernab rechtsstaatlicher Prinzipien". Die gesamte Bundesregierung fordere deshalb die Freilassung des Oppositionellen. Außerdem verurteile sie die "systematische Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten" in ganz Russland. Seibert sprach von "empörenden Beispielen von Polizeibrutalität" bei den Protesten gegen die Inhaftierung Nawalnys. 

Den zahlreichen Forderungen nach einem Baustopp für Nord Stream 2 gibt aber auch die Bundesregierung weiterhin nicht nach. "Da ist die Haltung der Bundesregierung bekannt und hat sich nicht verändert", sagte Seibert. Die Bundesregierung sieht in der fast fertiggebauten Gasleitung zwischen Russland und Deutschland ein wirtschaftliches Projekt, bei dem sie nicht intervenieren will.

Der russische Botschafter in Deutschland, Sergei J. Netschajew, erklärte in einem Statement gegenüber der Berliner Zeitung, dass zu Nord Stream 2 alles gesagt sei: 

"Diesem rein wirtschaftlichen multilateralen Projekt wurden alle benötigten Genehmigungen erteilt. In diesem Projekt steckt viel Mühe und Geld. Es entspricht den Interessen der deutschen und europäischen Gasverbraucher und trägt zur Diversifizierung der Energieversorgung bei. Es stärkt die Energiesicherheit der Bundesrepublik angesichts der Energiewende und fördert die Umsetzung der Klimaziele. Wenn die Bauarbeiten jetzt gestoppt werden, bedeutet das nicht nur, dass die milliardenschweren Investitionen vergraben werden, sondern auch dass der Glauben der Investoren an die Gültigkeit der abgeschlossenen Kontrakte untergraben wird. Das wird negative Folgen nach sich ziehen und wird den Wunsch verstärken, protektionistische und politische Maßnahmen eigener Interessen zugunsten häufiger zu ergreifen."

Alexei Nawalny war am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 verstoßen haben soll.

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