Die Ständige Impfkommission Deutschlands des Robert Koch-Instituts hat Bedenken bezüglich der Wirksamkeit des Impfstoffes der Firma AstraZeneca. Dieser könnte bei nur 6,5 Prozent der Menschen ab 65 Jahren einen ausreichenden Schutz vor einer Coronavirus-Infektion bieten. Daher soll dieser "jeweils nur den Personen angeboten werden, die 18 bis 64 Jahre alt" sind. Politiker in Deutschland veranlasste dies, über eine neue Impfreihenfolge zu diskutieren.
Professor Anthony Harden des britischen Vakzin-Komitees hält die Warnung der deutschen Impfkommission für unangebracht. Dieses Urteil hätte dazu geführt, dass ältere Menschen auch in Großbritannien Angst haben, sich das AstraZeneca-Vakzin spritzen zu lassen. Für Harden eine Entscheidung im Sinne des Impfstoffherstellers BionTech/Pfizer. Deutschland verfüge schließlich über mehr Vakzine des deutsch-US-amerikanischen Produzenten. Ärzte in Großbritannien berichteten über besorgte ältere Menschen, die kein AstraZeneca erhalten wollen.
Insgesamt gab es bei Tests von AstraZeneca 660 über 65-jährige teilnehmende Probanden. Diese Tests hätten gezeigt, dass der Impfstoff ausreichend schütze, so die britische Impfkommission. In einer neuen Studie, die der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) vorliegt, nahmen 2.000 über 65-Jährige teil, um die Vorbehalte aus dem Weg zu räumen.
Nach britischer Studie bietet eine geringere Impfdosis mehr Schutz
Die Ständige Impfkommission berief sich bei ihrer Entscheidung auf zwei Studien zum britisch-schwedischen Impfstoff. Diese stammten aus Großbritannien und Brasilien. Die Wirksamkeit belief sich auf 62 bis 90 Prozent. Beide Male wurden innerhalb von zwei Monaten zwei Impfdosen gespritzt.
Die britische Studie aber beruhte auf zwei verschiedenen ersten Dosierungen. Die niedrigere Dosierung führte dabei überraschenderweise zu einem besseren Ergebnis. AstraZeneca verwies auf einen Fehler. Man habe die ersten Impfspritzen fälschlicherweise nicht ganz gefüllt. Bei diesen Studien waren nur drei bis vier Prozent der Beteiligten über 70 Jahre alt.
AstraZeneca steht kurz vor der Zulassung in der EU. Das Mittel liefert im Vergleich zu den Impfstoffen von Moderna und BionTech/Pfizer den Vorteil, dass es kostengünstiger ist und nicht tiefgekühlt gelagert werden muss.
Zwischen dem Unternehmen und der EU ist zudem ein Streit um Lieferverzögerungen wegen Produktionsproblemen entbrannt. Versprochene Lieferungen verzögern sich. Nicht jedoch für Großbritannien. Das Land hatte früher bestellt als die Europäische Union. Die EU verweist auf klare Verträge und Lieferpflichten. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte mit, der Vertrag enthielte keinerlei Einigung darüber, dass Großbritannien zuerst beliefert wird. Am Freitag veröffentlichte die EU-Kommission den Vertrag. Wichtige Passagen wie die Liefermengen und der Einkaufspreis jedoch wurden geschwärzt.
Das Vakzin wurde zum Herstellerpreis eingekauft. Dieser soll laut Bild-Zeitung bei 1,78 Euro pro Dosis liegen. Der Hersteller Moderna nimmt für eine Impfdosis 14,70 Euro. Doch statt der ersten 80 Millionen Lieferungen könnten es zunächst nur 31 Millionen Impfdosen sein, die an die Europäische Union ausgeliefert werden.
Mehr zum Thema - Weltärztepräsident Montgomery fordert Exportverbot für AstraZeneca außerhalb der EU