Nord Stream 2: Umweltministerin Schulze fordert Weiterbau – Lindner will Moratorium

Der Streit um Nord Stream 2 hält weiter an. FDP-Chef Lindner fordert nun ein Moratorium des Pipeline-Projektes, dessen Gegner oftmals auch Umweltschutzgründe geltend machen. Nun ergreift ausgerechnet die deutsche Umweltministerin Partei für das Erdgasprojekt.

Christin Lindner hat ein Moratorium für den Weiterbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 gefordert. "Solange in Russland grundlegende Menschen- und Bürgerrechte verletzt werden, können wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Davon sind auch Infrastrukturprojekte wie Nord Stream 2 betroffen", sagte der FDP-Chef in einem Spiegel-Interview. "Es sollte keine prinzipielle Absage, aber jetzt ein Moratorium geben."

Die Pipeline zwischen Russland und Deutschland ist fast fertig, es fehlen nur noch wenige Kilometer in dänischen und deutschen Gewässern. Die USA wollen die Vollendung der Pipeline mit Sanktionen verhindern und begründen dies mit der Sorge, Europa mache sich zu abhängig von Russland. Zudem wollen sie ihr eigenes Flüssiggas auf dem europäischen Markt absetzen.

Eine Fortsetzung des Baus von Nord Stream 2 sollte eng an die Interessen der Partner in der Europäischen Union und auch der Ukraine gebunden werden, so Lindner. Denkbar sei ein Sicherungsmechanismus. "Sollte Moskau der Ukraine den Hahn abstellen, müsste es automatische Konsequenzen bei Lieferungen via Nord Stream 2 geben. So würden einseitige Erpressungsversuche aus Moskau ausgeschlossen, zugleich würden wir die wichtige energiewirtschaftliche Kooperation erhalten", sagte der FDP-Chef.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat jedoch bereits vor einem Jahr zugesichert, dass der Gastransit durch die Ukraine fortgesetzt wird.

Nun hat sich Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) für einen Weiterbau der Gaspipeline ausgesprochen. Die Entscheidung zum Bau sei vor vielen Jahren gefallen und in einem rechtsstaatlichen Verfahren genehmigt worden, sagte Schulze im einem RND-Interview

Würde das Projekt jetzt noch gestoppt, "würden wir mit Blick auf Verlässlichkeit rechtsstaatlicher Entscheidungen einiges an Porzellan zerschlagen und vermutlich in ein Klageverfahren laufen".

"Wir werden nach dem Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom für einen Übergangszeitraum Erdgas brauchen, ehe unsere Energieversorgung mit erneuerbaren Energien komplett klimaneutral werden muss", fügte Schulze hinzu. Deutschland habe aber kaum noch eigene Erdgas-Ressourcen und sei deshalb auf Importe angewiesen.

Die Pipeline ist in den letzten Wochen wieder unter Beschuss geraten. Da die USA weiterhin mit exterritorialen Sanktionen gegen deutsche Projekt-Beteiligte drohen, ziehen sich schon die ersten deutschen Unternehmer daraus zurück. Der russische Energieriese Gazprom schließt sogar die vollständige Einstellung des Projekts nicht mehr aus.

Auch das EU-Parlament macht erneut Druck gegen die Pipeline, diesmal wegen der angeblich willkürlichen Verhaftung des nach Russland zurückgekehrten Politbloggers Alexei Nawalny. Das Europäische Parlament hatte am Donnerstag mehrheitlich gefordert, den Bau abzubrechen.

Im August hat die EU mit überraschender Einigkeit gegen die US-amerikanische Einmischung beim Bau von Nord Stream 2 in Form einer Demarche protestiert. Die EU wehre sich "aus Prinzip" gegen die Anwendung von Sanktionen durch Drittstaaten gegen "europäische Firmen, die einem legitimen Geschäft nachgehen", hieß es im Dokument. 

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