Gesperrte Arbeitsmails nach Feierabend – EU-Parlament fordert Recht auf Nichterreichbarkeit

Nach Feierabend, an freien Tagen oder auch in Elternzeit sollen Angestellte nach Ansicht der Europaabgeordneten nicht erreichbar sein müssen. Das EU-Parlament erwägt dementsprechend ein Grundrecht auf Unerreichbarkeit für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.

In einem am Donnerstag angenommenen Bericht forderte das EU-Parlament ein Recht auf Nichterreichbarkeit. Dieses sei bisher im Unionsrecht nicht ausdrücklich geregelt, aber von entscheidender Bedeutung, wenn es darum gehe, die körperliche und geistige Gesundheit von Arbeitskräften zu schützen. "Digitalisierung hat viele Fortschritte in der Arbeitswelt gebracht, aber sie hat auch negative Auswirkungen auf unser Leben", sagt der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Alex Agius Saliba aus Malta, auf dessen Initiative die Abstimmung zustande kam.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten nach Ansicht des Parlaments nicht verlangen, dass ihre Angestellten außerhalb der Arbeitszeit direkt oder indirekt verfügbar sein sollten. Die Mitgliedsstaaten sollten sicherstellen, dass wer sich auf das Recht auf Nichterreichbarkeit berufe, vor negativen Folgen geschützt werde. Es solle außerdem Mechanismen für den Umgang mit Beschwerden in Bezug auf das Recht geben. Möglich wäre zum Beispiel, dass E-Mail-Server so programmiert werden, dass sie außerhalb der Arbeitszeit keine Nachrichten senden und empfangen.

Die Abgeordneten wiesen in ihrem Bericht auch auf die Gefahren von mobilem Arbeiten hin, welche in der Corona-Krise deutlich zugenommen habe. Tatsächlich belegen Studien, dass das sogenannte Multitasking, das ständige Erreichbarsein und die fliegenden Wechsel zwischen Kinderbetreuung, Haushaltsarbeiten und dem Beantworten von E-Mails psychisch belastend sein können.

Die EU-Abgeordneten forderten von der Kommission, genaue Mindestanforderungen für die Belastung festzulegen. Berichterstatter Alex Agius Saliba wies in der Plenardebatte am Mittwoch darauf hin, dass diejenigen, die regelmäßig von zu Hause aus arbeiteten, mit bedeutend höherer Wahrscheinlichkeit Überstunden machten.

EU-Beschäftigungskommissar Nicolas Schmit betonte, dass ein Recht auf Nichterreichbarkeit nicht nur eine soziale, sondern auch eine wirtschaftliche Komponente habe. "Menschen sind keine Roboter, Menschen haben Grenzen." Wer eine bessere Produktivität wünsche, dürfe Menschen nicht 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche belagern.

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