Ukraine: Russischsprachiger Jugendlicher wegen Tragen von sowjetischer Mütze angeklagt

Sie sollte lediglich seine kalten Ohren warm halten, doch die gebrauchte Fellmütze samt einem Emblem mit Hammer und Sichel brachte dem 19-jährigen Ukrainer eine Anklage ein. Laut der Polizei soll der russischsprachige Junge gegen die Antikommunismus-Gesetze verstoßen haben.

Die Polizei in der westukrainischen Stadt Lwiw meldete am Montag, dass eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet wurde, nachdem ein 19-jähriger Jugendlicher gegen strenge lokale Gesetze verstoßen hatte, die "die Verwendung kommunistischer Symbole auf Kleidung" regeln. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass sie den Jungen gemäß der Gesetzgebung anklagen werde, die sowohl nationalsozialistische als auch sowjetische Ikonographie verbietet. Als Höchststrafe kann ein solches Vergehen in der Ukraine mit fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. 

Laut der Lokalzeitung Dilo hätte ein Anti-Terror-Agent, Igor Sholtys, den jungen Mann, dessen Name nicht bekannt gegeben wurde, festgenommen, als dieser mit einem Freund spazieren ging. Der Junge trug eine traditionelle sowjetischen Uschanka – eine Fellmütze mit Ohrenklappen – samt einem sowjetischen Abzeichen mit Hammer und Sichel. 

Sholtys befragte den Jugendlichen, woher er die Mütze habe. Der Junge erwiderte, dass er diese auf dem Flohmarkt gekauft hatte, da ihm kalt war. Er versicherte nicht zu wissen, dass solche Symbole verboten waren. Als eine "Untersuchung" ergab, dass der russischsprachige junge Mann aus der Hauptstadt Kiew stammt, wurde die Polizei verständigt.

Sehr zur Enttäuschung des Anti-Terror-Agenten Sholtys nahmen die diensthabenden Polizisten, die sodann vor Ort auftauchten, den Jungen nicht fest. Einer der Streifenpolizisten hatte "nicht-ukrainische Ansichten" und begann, ihm gegenüber "unhöflich" zu werden, erklärte Sholtys den Journalisten. Schließlich beschlagnahmten die Behörden die Mütze dennoch und nahmen die Daten des Jungen zur Vorbereitung einer Anklage auf. Die Voruntersuchungen sind noch im Gange.

Das ukrainische Parlament hatte bereits 2015 kommunistische Symbole wie das sowjetische Symbol mit Hammer und Sichel verboten. Die Stadt Lwiw hatte drei Jahren zuvor auf eigene Initiative bereits ähnliche Maßnahmen ergriffen. Neben Symbolen aus der Sowjetzeit können Bürger auch mit Gefängnisstrafen rechnen, wenn sie die frühere Hymne der UdSSR oder die einer ihrer ehemaligen Republiken singen oder spielen.

Andererseits wurde noch im Jahr 2018 in dieser westukrainischen Stadt eine berüchtigte Waffen-SS-Division samt Hakenkreuzen anlässlich des 75. Jahrestages der Bildung einer lokalen, mit den Nazis kollaborierenden "Partisaneneinheit" im Zweiten Weltkrieg gefeiert, was allerdings ebenfalls durch die Gesetzgebung des ukrainischen Parlaments verboten ist. 

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