Seit 30 Jahren ist er in Montenegro an der Macht, stets konnte er auf die ihm treu ergebene Partei bauen. Egal ob als Präsident oder Premierminister, der ehemalige Jungkommunist Milo Đukanović leitet die Geschicke des kleinen Adriastaates. Doch nun muss der 58-jährige Präsident zum ersten Mal mit einer Regierung leben, die nicht von seiner Partei gestellt wird.
Bei den Parlamentswahlen am 30. August hatte die Opposition eine knappe Mehrheit von einem Sitz gewonnen. Sie errangen 41 von 80 Mandaten. Die von Đukanović geführte Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) ist nun zum ersten Mal seit dem Zerfall Jugoslawiens 1991 in der Opposition.
Neuer Premierminister Montenegros ist Zdravko Krivokapić, ein 62-jähriger parteiloser Professor für Maschinenbau, der im Wahlkampf das rechtskonservative Bündnis "Für die Zukunft Montenegros" angeführt hatte. Sein Kabinett wird nun von einem breiten Bündnis von Nationalisten bis grün-liberealen Kräften getragen. Die darin dominierende Kraft ist die proserbische und als russlandfreundlich geltende Demokratische Front (DF). Die meisten neuen Minister sind parteilos.
In seiner Regierungserklärung machte Krivokapić den Kampf gegen die Korruption sowie die Stärkung der Institutionen und des Rechtsstaats zu Prioritäten. So sagte er:
"Wir wollen eine Null-Korruptions-Politik. Das ist nicht leicht zu erreichen, das kann nicht allein Zdravko Krivokapić, das kann nicht allein diese Regierung, das können wir alle gemeinsam erreichen. Wenn wir das wollen, können wir das schaffen."
Obwohl die Vertreter der Đukanović-Partei nach der verlorenen Wahl schwarzgemalt hatten, dass das Land nun "ins Mittelalter zurückfallen", klerikale serbisch-nationalistische Kräfte den Staat führen und Montenegro sich vom EU-Kurs abwenden und am NATO-Austritt arbeiten werde, ist im Programm der neuen Regierung davon nichts zu finden.
Krivokapić steht der Serbisch-Orthodoxen Kirche nah, der auch die Mehrheit der Bevölkerung des Landes angehört. Auch während des Wahlkampfes wurde Krivokapić von den Würdenträgern der Kirche unterstützt. Der neue Premierminister will zwar das umstrittene "Gesetz zur Religionsfreiheit" ändern, doch dass das Land tatsächlich in einen klerikalen Nationalismus abzurutschen droht, sehen auch Analysten als sehr unwahrscheinlich an.
Bereits vor der Regierungsbildung und während der Koalitionsgespräche hatten alle Seiten bekräftigt, den proeuropäischen Weg des Landes fortzusetzen. Die Mitgliedschaft in der NATO wird zudem nicht in Frage gestellt.
Unter Führung von Đukanović nahm Montenegro 2012 Verhandlungen über einen EU-Beitritt auf und wurde 2017 in die NATO aufgenommen. Der ehemalige Jungkommunist, der nun als strammer Proeuropäer auftritt, hatte das 620.000-Einwohner-Land 2006 per sehr knappem Referendum aus dem gemeinsamen Staat "Serbien und Montenegro" geführt. Seine Kritiker werfen ihm stets vor, das Land nach Gutdünken zu regieren und gar in sein Privateigentum verwandelt zu haben. Ihm und den ihm loyalen führenden Parteikollegen werden auch Bereicherung und Verbindungen zur organisierten Kriminalität vorgeworfen.
Kritiker Đukanovićs lasten diesem an, mit seinem politischen Stil eine Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben zu haben. Wie aus der bisher letzten Volkszählung im Jahr 2011 hervorgeht, leben in Montenegro 28,73 Prozent Serben.
Mehr zum Thema - Drei Jahre in der NATO: "Montenegro hat intensiv gelernt und sich fleißig weiterentwickelt"