Montenegro: Erneut landesweite Proteste gegen das umstrittene Religionsgesetz

Der Dialog zwischen den Vertretern des Staates und der Serbisch-Orthodoxen Kirche liegt derzeit auf Eis, der Konflikt um das so genannte Religionsfreiheitsgesetz schwelt weiter. Erneut gingen Tausende auf die Straße, um der Kirche Unterstützung zuzusichern.

Nach dem Ausbruch des Coronavirus wurden in Montenegro alle öffentlichen Veranstaltungen verboten. Nun, nach rund dreimonatiger Pause, demonstrierten am Sonntag in mehreren Städten des Landes erneut Tausende gegen das umstrittene Religionsgesetz. In der Hauptstadt Podgorica und der Kleinstadt Danilovgrad fanden von Kirchenvertretern angeführte Prozessionen statt.

Zwei Geistliche, die als Organisatoren gelten, wurden danach festgenommen, sind in Polizeigewahrsam. Sie sollen gegen die Corona-Regeln verstoßen haben. Derzeit gilt in Montenegro eine verhängte Maßnahme des Nationalen Koordinierungsrates für ansteckende Krankheiten, wonach höchstens 200 Menschen an einer öffentlichen Veranstaltung teilnehmen dürfen.

Vor der Corona-Pandemie gingen mehrere Monate lang jeden Donnerstag und Samstag Zehntausende Anhänger der Serbisch-Orthodoxen Kirche landesweit gegen das so genannte Gesetz über die "Religionsfreiheit und den gesetzlichen Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften" auf die Straße. Es wurden friedliche, meist von Kirchenvertretern angeführte Prozessionen organisiert. Das neue Religionsgesetz, das Ende Dezember 2019 verabschiedet wurde, droht, das Land tief und nachhaltig zu spalten. 

Die Politik spricht von Regelung des Eigentums der Religionsgemeinschaften, die Vertreter der Serbisch-Orthodoxen Kirche sehen darin jedoch ein Vorantreiben der Enteignung der heiligsten Stätten durch den Staat. Die Beziehungen zwischen den zwei Seiten gelten seit der Verabschiedung des Gesetztes als angespannt.

Die Serbisch-Orthodoxe Kirche ist die größte und wichtigste Religionsgemeinschaft im Land. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung des kleinen Adriastaats mit rund 620.000 Einwohnern gehören ihr aktuell an. Rund 16 Prozent bekennen sich zum Islam, rund 20.000 Menschen sind katholisch. 

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