PCR-Test: Verbreitete RT eine "Falschbehauptung" über ein portugiesisches Gerichtsurteil?

Vor wenigen Wochen unterstellten sogenannte Faktenfinder RT DE erneut, eine vermeintliche Falschbehauptung in die Welt gesetzt zu haben. Es ging um einen Artikel über das Urteil eines Berufungsgerichts in Portugal. Dieses hatte sich kritisch über PCR-Tests geäußert.

Am 19. November 2020 veröffentlichte RT DE einen Artikel über ein Urteil des Berufungsgerichts Lissabon vom 11. November, das europaweit für einiges Aufsehen sorgte. Durch ihr Urteil hoben die Richter die von der Gesundheitsbehörde auf den Azoren gegen deutsche Touristen verhängte Zwangsquarantäne auf und bewerteten in ihrer Urteilsverkündung den Einsatz von PCR-Tests kritisch. Dadurch handelte sich RT DE den Vorwurf ein, eine Falschbehauptung verbreitet zu haben. Konkret heißt es beim "Faktenfuchs" des Bayerischen Rundfunks:

"Aktuell kursiert die Behauptung, am 11. November habe das Berufungsgericht in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon die mangelnde Zuverlässigkeit des PCR-Tests festgestellt.

In zahlreichen Blog-Artikeln, die Corona verharmlosen, und auch in Medien wie RT Deutsch, das häufig Desinformation verbreitet, wird diese Falschbehauptung verbreitet."

RT DE hatte in einem Artikel die Auffassung des Berufungsgerichts wiedergegeben. So kam das Gericht unter Berufung auf Jaafar et al. 2020 unter anderem zu dem Schluss, dass "wenn eine Person durch PCR als positiv getestet wird, wenn ein Schwellenwert von 35 Zyklen oder höher verwendet wird (wie es in den meisten Laboren in Europa und den USA die Regel ist), die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person infiziert ist, weniger als drei Prozent beträgt und die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis ein falsch positives ist, 97 Prozent beträgt".

Die Kritik gegen RT DE wurde mit der Behauptung verknüpft, die Richter des Berufungsgerichts hätten nach Auffassung des Obersten Justizrats von Portugal durch ihre Stellungnahme zum eingesetzten PCR-Testverfahren "ihre Befugnisse überschritten".

Tatsächlich hatten portugiesische Zeitungen berichtet:

"Der Oberste Rat der Magistratur wird am 2. Dezember im Plenum das von zwei Richtern des Berufungsgerichts von Lissabon unterzeichnete Urteil prüfen, das als Antwort auf eine Berufung der regionalen Gesundheitsbehörde (ARS) der Azoren über die Zwangsquarantäne von vier deutschen Touristen wegen der Pandemie unterzeichnet wurde."

Die Richter hätten mutmaßlich nicht "wie sie es angeblich taten, über Aspekte und Divergenzen der wissenschaftlichen Welt in Bezug auf COVID-19, nämlich den Grad der Zuverlässigkeit der derzeit verwendeten Tests, Partei ergreifen dürfen", heißt es etwa beim portugiesischen Observador am 18. November.

Die genannte Prüfung könne anschließend in ein Disziplinarverfahren münden, wurde berichtet.

Ein Faktenfuchs behauptete anschließend am 30 November, dass die Richter des Berufungsgerichts nach Auffassung des Obersten Justizrats von Portugal (CSM) ihre Kompetenzen überschritten hätten: "Die Richterinnen haben hier ihre Kompetenzen überschritten, sagt der Oberste Justizrat des Landes." Und weiter heißt es dort:

"Sie hätten nicht zum Grad der Zuverlässigkeit der derzeit verwendeten Tests Stellung nehmen dürfen. Deswegen müssen sie am 2. Dezember in einer Disziplinaruntersuchung des Justizrats Rede und Antwort stehen."

Bereits am 18. November stellte der CSM in einer Pressemitteilung klar, es werde "kein Disziplinarverfahren gegen die unterzeichnenden Richter des Urteils vom 11.11.2020 des mit diesem Fall befassten Berufungsgerichts von Lissabon eröffnet". Diesbezüglich konkretisierte der Oberste Justizrat Portugals:

"Angesichts der Kontroverse, die in Bezug auf den Inhalt des Urteils des Lissabonner Gerichts vom 11.11.2020 entstanden ist, wird dasselbe Gegenstand der Analyse des Plenums des Obersten Rates der Magistratur sein, die am 2. Dezember stattfindet."

An besagtem 2. Dezember folgte eine weitere Mitteilung des Obersten Justizrats, in dem er auf die Ergebnisse der angekündigten Prüfung des Urteils des Berufungsgerichts von Lissabon vom 11.11.2020 einging.

So sei man zum einen zu der Erkenntnis gelangt, dass in dem Urteil zwar "einige unnötige Überhöhungen festgestellt werden können, die im aktuellen Kontext zu Kontroversen führen". Dennoch entstünde daraus "keine disziplinarische Relevanz".

Der Oberste Rat der Magistratur verlieh zudem seiner Zuversicht Ausdruck, "dass die Richter weiterhin unabhängig und im Einklang mit der Verfassung und dem Gesetz urteilen werden".

Des Weiteren nutzte man die Gelegenheit, um bekannt zu geben, dass der Oberste Rat der Magistratur im Rahmen seiner Befugnisse bereits Gesetzesvorschläge im Hinblick auf die Auswirkungen der Pandemiesituation auf die Funktionsweise des Justizsystems prüft.

Mehr zum Thema - Trotz Online-Petition: WDR-Programmchef lehnt Corona-kritische Talkshow ab