Neben falsch Negativen auch Tausende von falsch Positiven: Kritik am Corona-Massentest in Österreich

Die Slowakei und Südtirol haben die Massentests schon hinter sich, in Österreich sollen sie im Dezember starten. Doch im Land gibt es Kritik am Vorhaben der Regierung. Sind die einmaligen Massen-Checks zielführend? Österreichs Ärztekammer sieht sie kritisch.

Es ist ein kostspieliges Unterfangen, das nun auch kritisch eingeschätzt wird. In Österreich sollen alle 200.000 Lehrerinnen und Lehrer sowie Betreuungskräfte in Kindergärten innerhalb von wenigen Tagen auf das Virus SARS-CoV-2 getestet werden. Vorgesehen ist dafür das Wochenende vom 5. bis zum 6. Dezember, wie die Regierung jüngst bekannt gab. Am 7. und 8. Dezember sollen dann die 40.000 Polizisten folgen. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte: 

Diese Massentests sind bis zur Impfung eine große Chance für Österreich, den Weg zur Normalität zurückzufinden.

Die Teilnahme sei freiwillig, so Kurz weiter. Vor Weihnachten könnte sich die gesamte Bevölkerung von neun Millionen Menschen checken lassen. Auf diese Weise will Österreich die Ausbreitung des Virus eindämmen. Eine weitere Testreihe ist in der Alpenrepublik für Anfang 2021 geplant.

50 Millionen Euro für die erste Lieferung von sieben Millionen Schnelltests

Es sollen dabei die sogenannten Antigen-Schnelltests zur Anwendung kommen, die in der Regel nach rund 15 Minuten ein Ergebnis liefern. Dafür soll auf die Schnell-Checks der Firmen Roche und Siemens zurückgegriffen werden. Bisher wurde bekannt, dass allein die ersten sieben Millionen bestellten Produkte rund 50 Millionen Euro kosten werden. Weitere Bestellungen sollen folgen. Doch nun gibt es Kritik an dem Vorhaben.

Die österreichische Ärztekammer befürwortet zwar das Testen als Teil der Strategie gegen das Virus, aber keine einmaligen Reihenuntersuchungen. Das Land müsse beim Testen und der Kontaktnachverfolgung besser werden, sagte Ärztekammer-Vize Herwig Lindner vor wenigen Tagen in Wien. Auch Antigen-Schnelltests müssten Teil der Strategie werden. Doch die angekündigten Massen-Checks sieht der Vizepräsident der österreichischen Ärztekammer kritisch, denn sie seien nur bei richtiger Handhabe zielführend.

Wenn man zu aussagekräftigen Ergebnissen kommen wolle, müsste man "die entsprechende Personengruppe mehrmals in kurzen Abständen erneut testen". Lindner führte an, dass ein bundesweiter Einmaltest nur eine unscharfe Momentaufnahme bringe. Das gleiche würde auch für Antigen-Tests in Apotheken oder andernorts gelten. Der Infektiologe und Internist betonte: 

Das massenweise Testen von Symptomlosen produziert neben falsch negativen auch Tausende von falsch positiven Ergebnissen.

Bei Verdachtsfällen sei ein PCR-Test ein "wichtiges Diagnoseinstrument". Doch solche Tests bei Symptomlosen durchzuführen, würde demnach aber dafür sorgen, dass die Testkapazitäten die Belastungsgrenze erreichen.

Schnelltests vielleicht für schnellere Quarantäne einsetzen

Laut dem Infektiologen sollte stattdessen die konsequente österreichweite Strategie zur Infektionsvermeidung verbessert werden. Neben Regeln wie Maskentragen oder Abstandhalten sollte im Fokus der Behörden eine viel schneller durchgeführte und effiziente Kontakt-Nachverfolgung sowie Ausstellung von Quarantäne-Bescheiden stehen. Damit könnten die Infektionsketten durchbrochen werden. Dabei könnten laut dem Mediziner auch die Schnelltests eingesetzt werden – etwa "als Grundlage für einen Quarantänebescheid". Lindner fügte hinzu:

Der Antigen-Test bringt dann ein positives Ergebnis, wenn Viren in hoher Zahl im Abstrich vorhanden sind – d. h. der Beprobte auch infektiös ist.

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