Brüssel: Keine Einigung im EU-Haushaltsstreit – Bundeskanzlerin Merkel auf Lösungssuche

Nach der Blockade des EU-Haushalts und der Corona-Konjunkturhilfen durch Ungarn und Polen hat ein Videogipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag keinen Durchbruch gebracht. Als EU-Vorsitz werde Deutschland alle Optionen ausloten, sagte Kanzlerin Merkel.

Das eigentliche Thema der Videokonferenz war die Zusammenarbeit in der Corona-Krise. Doch sie wurde vom Haushaltsstreit überschattet. Polen und Ungarn hatten am Montag aus Protest gegen eine neue Regel zur Kürzung von EU-Geldern bei bestimmten Verstößen gegen EU-Recht einen entscheidenden Haushaltsbeschluss blockiert. Mit dem Veto ist das gesamte 1,8 Billionen Euro schwere Haushaltspaket für die kommenden sieben Jahre vorerst auf Eis gelegt. Dies schließt 750 Milliarden Euro an Corona-Hilfen ein, auf die viele EU-Staaten dringend hoffen.

Deutschland hat derzeit den Vorsitz der EU-Länder, sodass Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Vermittlerrolle zukommt. Sie wollte sich nicht festlegen, ob bis Weihnachten eine Lösung gefunden werden kann. "Das ist ein schon sehr ernsthaftes Problem, das wir zu lösen haben", sagte sie. "Wir werden hart und ernsthaft daran arbeiten". Deutschland werde alle möglichen Optionen ausloten. "Da stehen wir noch ganz am Anfang", erklärte die Kanzlerin. Auf die Frage, ob es für sie eine Option sei, Polen und Ungarn mit einem Entzug der Stimmrechte zu drohen, sagte Merkel:

Für mich ist das Wort Drohung in diesem Zusammenhang sowieso kein Wort. Wir haben die Pflicht, zu versuchen, einen Weg zu finden.

EU-Ratschef Charles Michel sagte, man brauche dringend eine Lösung. Der Haushalt müsse so schnell wie möglich umgesetzt werden. Niemand unterschätze den Ernst der Lage. Es gebe aber den Willen, in den kommenden Tagen sehr intensiv zu arbeiten, um die Schwierigkeiten zu lösen. Der Belgier zeigte sich optimistisch:

Die Magie der Europäischen Union liegt darin, dass es ihr gelingt, Lösungen zu finden, selbst wenn man davon ausgeht, dass dies nicht möglich ist.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte, mindestens 24 der 27 Länder wollten nicht hinter die erreichte Lösung zurückgehen. Slowenien hatte zuletzt Sympathie für Polen und Ungarn erkennen lassen. Die Corona-Hilfen mit einer Vereinbarung der willigen Staaten ohne Polen und Ungarn auf den Weg zu bringen, sei derzeit nicht in der Diskussion. Dies wäre eine "nukleare Option", sagte Rutte.

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