"Tickende Zeitbomben": Österreichs Bundeskanzler Kurz will Terroristen ein Leben lang wegsperren

Österreichs Regierung hat nach dem islamistischen Terroranschlag in Wien umfangreiche Gesetzespläne im Kampf gegen den Terrorismus vorgestellt. Im Umgang mit Menschen, die der Verfassungsschutz als Gefährder einstuft, soll der Staat deutlich härtere Mittel bekommen.

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz verkündete am Mittwoch ein Paket an Maßnahmen. Dazu gehört ein neuer Straftatbestand "politischer Islam", um gegen diejenigen vorzugehen, die keine Terroristen sind, aber den Nährboden dafür schaffen. Vereine und Moscheen sollen bei Terrorpropaganda leichter geschlossen werden können. Imame sollen in einem Verzeichnis registriert werden. Zu den weiteren angekündigten Schritten gehört die Gründung einer auf Terrorismus spezialisierten Staatsanwaltschaft und mehr Informationspflichten in der Betreuung von Bewährungshäftlingen. 

Terrorismus-Vorbestrafte sollen nach Ende ihrer Haftstrafe in den sogenannten Maßnahmenvollzug wie bislang etwa psychisch kranke oder gefährliche Täter kommen – außer, sie haben sich glaubwürdig von radikalen Ideen gelöst. Kurz sagte: "Wenn ein geistig abnormer Rechtsbrecher ein Leben lang weggesperrt werden kann, weil er eine Gefahr ist, dann kann auch ein Terrorist, der eine Gefahr darstellt, ein Leben lang weggesperrt werden."

Für aus der Haft entlassene Gefährder sollen Fußfesseln oder elektronische Armbänder verpflichtend werden. Viele seien "tickende Zeitbomben", so Kurz. Er fügte hinzu:

Das ist ein starker Eingriff, aber aus meiner Sicht ein notwendiger Schritt, um das Risiko für die Bevölkerung zu minimieren.

Außerdem soll nach einer Verurteilung der Entzug von staatlichen Leistungen, des Führerscheins und des österreichischen Passes bei Doppelstaatsbürgern ermöglicht werden. Die Entwürfe der neuen Gesetze sollen bis Dezember ausgearbeitet werden.

Auch die Umsetzung der von Regierung und Opposition gleichermaßen geforderten Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung steht auf dem Plan. Die österreichische Opposition fordert wegen Versäumnissen der Behörden eine komplette Neuaufstellung des Bundesamts. Die SPÖ und die liberalen Neos warfen der Regierung Vertuschung von Fehlern vor.

Den Anschlag am 2. November hatte ein 20-jähriger Österreicher mit nordmazedonischem Zweitpass verübt, der wegen einer versuchten Ausreise zur Terrormiliz IS vorbestraft und auf Bewährung frei war. Er erschoss vier Menschen. Über 20 weitere wurden teils schwer verletzt. Seither wurden Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bekannt – etwa nach Hinweisen, dass der Mann zum Munitionskauf in die Slowakei gefahren war.

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