Weißrussland: Proteste dauern an – Hunderte Festnahmen am Sonntag

Bei den Protesten in Weißrussland gegen den Präsidenten Alexander Lukaschenko wurden am Sonntag nach Angaben des Innenministeriums 633 Menschen festgenommen. Vor allem Männer wurden abgeführt. Die Proteste dauern bereits einen Monat an.

Trotz Regenwetters fand am Sonntag in Minsk der sogenannte "Marsch der Einheit" statt, an dem Tausende Menschen teilnahmen. Die meisten versammelten sich in der Hauptstadt mit weiß-rot-weißen Landesflaggen. Viele zogen zum Palast der Unabhängigkeit, dem Sitz Lukaschenkos. Die Oppositionspolitikerin Marija Kolesnikowa marschierte mit. Viele Augenzeugen berichteten, dass das mobile Internet teilweise nicht funktionierte. Der belarussische Mobilfunkbetreiber A1 informierte auf seiner Webseite, dass die Internetdurchlasskapazität "laut Anordnung der zugelassenen staatlichen Stellen" begrenzt sei.

Der Unabhängigkeitsplatz war mit Metallgittern abgeriegelt. Einsatzkräfte versperrten den Demonstranten mit Barrikaden und Stacheldraht den Weg. Uniformierte reihten sich mit Schutzschildern aneinander. Nach der Kundgebung nahm die Polizei viele Menschen fest. Auf Videos und Fotos ist zu sehen, wie Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten vorgingen und sie in Polizeibusse zerrten. Vor allem Männer wurden abgeführt. Nach Angaben des weißrussischen Innenministeriums fanden am Sonntag insgesamt 42 Protestaktionen im Land statt, an denen rund 31.000 Menschen teilnahmen. Landesweit gab es 633 Festnahmen. 363 Demonstranten seien noch in Gewahrsam, teilte das Innenministerium in Minsk im Nachrichtenkanal Telegram am Montag mit. Das Menschenrechtszentrum Wesna meldete mindestens 194 Festnahmen in Minsk. Laut der Online-Plattform Golos protestierten landesweit über 170.000 Menschen.

Die Proteste dauern bereits seit vier Wochen an, beinahe täglich gehen Menschen auf die Straßen. Die Bewegung fordert den Rücktritt Lukaschenkos, Neuwahlen und die Freilassung politischer Gefangener.

Bundesaußenminister Heiko Maas drohte angesichts des Machtkampfes in Weißrussland mit einer Verschärfung von Strafmaßnahmen gegen Lukaschenko:

Wir erkennen als Europäische Union die Wahl nicht an und haben Sanktionen beschlossen. Diese setzen wir jetzt um. Wenn Lukaschenko nicht reagiert, wird es weitere Sanktionen geben.

Zudem forderte der deutsche Außenminister Dialog und Verhandlungen: 

Lukaschenko muss endlich bereit sein zum Dialog. Ich fordere von Lukaschenko, dass er mit der Opposition verhandelt, dass die Wahl wiederholt wird, dass Lukaschenko sofort damit aufhört, friedliche Demonstranten einzusperren und zu misshandeln, dass er die Menschenrechte und die Pressefreiheit achtet. 

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