Mehr als 300 Milliarden Euro sind allein für die Krisenländer Italien und Spanien reserviert. Finanziert werden soll das Programm über Anleihen der Europäischen Union. Diese sollen in den Jahren 2028 bis 2058 über den EU-Haushalt getilgt werden.
Damit fällt von der Leyens Vorschlag noch deutlich großzügiger aus als die deutsch-französische Initiative für ein 500-Milliarden-Euro-Paket. Daneben will von der Leyen einen regulären mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 im Umfang von 1,1 Billionen Euro vorschlagen. Die 27 EU-Staaten müssten dem Gesamtpaket einstimmig zustimmen. Darüber hinaus wird in Deutschland auch die Billigung durch den Bundestag nötig. Im Vorfeld werden wochenlange Verhandlungen erwartet.
Mit dem Wiederaufbauplan soll die schlimmste Rezession in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg bewältigt werden. Wegen des zeitweiligen Stillstands während der Pandemie wird die Wirtschaft in der EU nach einer offiziellen Prognose dieses Jahr um 7,4 Prozent schrumpfen. Einige Länder wie Italien, Spanien und Griechenland sind besonders hart getroffen. Die EU-Staaten haben bereits ein gemeinsames Sicherheitsnetz mit Kredithilfen von bis zu 540 Milliarden Euro gespannt.
Das Programm zur wirtschaftlichen Erholung im Rahmen des Haushaltsplans ist nun der nächste Schritt. Das Neue: Die über Kredite finanzierten Mittel sollen überwiegend als Zuwendungen an die EU-Staaten vergeben werden, die nicht die Empfänger, sondern alle gemeinsam zurückzahlen.
Nach einer internen Aufstellung der EU-Kommission sind allein knapp 173 Milliarden Euro als Zuwendungen und Kredite für Italien reserviert. Spanien könnte bis zu 140 Milliarden Euro bekommen. Zum Vergleich: Für Deutschland sind bis zu 28,8 Milliarden Euro vorgesehen, ausschließlich als Zuwendungen. Für Frankreich wären es knapp 39 Milliarden Euro, ebenfalls komplett als Zuwendungen.
Vorige Woche hatten Deutschland und Frankreich vorgeschlagen, die EU-Kommission solle mithilfe von Garantien der EU-Staaten 500 Milliarden Euro Kredit aufnehmen und als Zuwendungen an Krisenstaaten und -branchen vergeben. Die deutsche Position wird besonders aufmerksam beobachtet, weil die Bundesrepublik die stärkste Volkswirtschaft und der größte Nettozahler der EU ist. Darüber hinaus übernimmt Deutschland zum 1. Juli für sechs Monate den Vorsitz der EU-Länder. Damit kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine besondere Rolle bei der Bewältigung der Krise zu.
Von der Leyens Wiederaufbauplan ähnelt dem deutsch-französischen Konzept. Auch sie will das Programm mit Krediten finanzieren. Dafür sollen die EU-Staaten mit Beitragszusagen zum Haushalt garantieren. Im Fachjargon: Die Eigenmittelobergrenze soll drastisch erhöht werden. Die Schulden sollen dann über Jahrzehnte aus dem EU-Budget zurückgezahlt werden. Dabei sollen nach dem Willen der EU-Kommission neue eigene Einnahmen für die EU aus Steuern und Abgaben helfen. Im Gespräch ist eine Ausweitung des Europäischen Emissionshandels sowie eine Digitalsteuer oder eine Plastikabgabe.
Dass aus Krediten stammendes Geld als Zuwendung und nicht nur als rückzahlbares Darlehen an Krisenstaaten fließen soll, stößt bei einigen EU-Ländern auf Widerstand. Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark - die sogenannten Sparsamen Vier - haben gemeinsam Einspruch erhoben.
Die Europa-Grünen drängen die Bundesregierung, während der deutschen Ratspräsidentschaft die übrigen EU-Staaten vom Wiederaufbauplan zu überzeugen. Dass sich Merkel hinter ein kreditfinanziertes Konjunkturprogramm gestellt habe, sei ein großer Schritt nach vorn gewesen, lobte die Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament, Ska Keller. Sie sagte:
Jetzt geht es darum, eine Mehrheit dafür zu gewinnen bei den Treffen des Europäischen Rats.
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(rt/dpa)