Trotz Corona-Schutzmaßnahmen: Frauen in Polen protestieren gegen Verschärfung des Abtreibungsrechts

Viele Frauen in Polen haben gegen einen Gesetzentwurf protestiert, der eine Verschärfung des Abtreibungsrechts vorsieht. Da die aktuellen pandemiebedingten Schutzmaßnahmen größere Versammlungen verbieten, wählten die Frauen alternative Formen für ihren Protest.

In Warschau rückten die Frauen mit Autos an und blockierten laut hupend einen Kreisverkehr im Zentrum der Stadt. An anderen Orten hielten sie Plakate hoch, während sie sich mit dem gebotenen Abstand vor Lebensmittelläden anstellten.

Das polnische Parlament will am Mittwoch über einen Gesetzentwurf debattieren, der das strenge polnische Abtreibungsgesetz noch weiter verschärfen soll. Derzeit dürfen Frauen in Polen abtreiben, wenn die Schwangerschaft das Leben oder die Gesundheit der Mutter gefährdet, wenn sie Ergebnis einer Vergewaltigung ist oder wenn das Ungeborene schwere Missbildungen hat.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass ein Schwangerschaftsabbruch wegen Missbildungen des Fötus nicht mehr erlaubt sein darf. Dabei ist dies einer der häufigsten Gründe für eine Abtreibung, wie die Statistik des polnischen Gesundheitsministeriums zeigt. So wurden von den rund 1.100 Abtreibungen, die in polnischen Kliniken im Jahr 2018 durchgeführt wurden, 1.050 mit Fehlbildungen des ungeborenen Kindes begründet. Menschenrechtler kritisieren, dass der Gesetzentwurf in der Praxis ein totales Abtreibungsverbot bedeute.

Im Jahr 2018 sollte das polnische Abtreibungsrecht schon einmal verschärft werden. Das Vorhaben scheiterte aber am massiven Widerstand in der Gesellschaft.

Anstatt Abtreibung illegal zu machen und damit Betroffene in den Untergrund zu treiben, solle Polen einen Abbruch auch auf Wunsch der Frauen in einer frühen Phase der Schwangerschaft legalisieren, schrieb die Menschenrechtskommissarin des Europarates Dunja Mijatovic auf Twitter:

Die Sprecherin der "Stiftung Leben und Familie" Kaja Godek begründet den Vorstoß folgendermaßen: "Dieser Gesetzesentwurf ist vor allem eine Chance, die Diskriminierung von Behinderten zu beenden. Nach dem geltenden Gesetz haben sie kein Recht auf Leben."

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