Bundesverfassungsgericht kippt Reform zur Wiederaufnahme von Strafverfahren

Nach der Reform durften Tatverdächtige in Strafverfahren nach Änderung der Beweislage erneut angeklagt werden. Dies verstößt allerdings gegen das Grundgesetz, urteilten heute die Richter in Karlsruhe.

Einmal freigesprochene Verdächtige dürfen für dieselbe Tat nicht erneut angeklagt werden. Dieses Urteil fällte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag, wodurch die entsprechende Reform der Strafprozessordnung für verfassungswidrig erklärt wurde.

In der Begründung hieß es, das in Artikel 103 Absatz 3 des Grundgesetzes statuierte Mehrfachverfolgungsverbot verbiete dem Gesetzgeber die Regelung der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens "zum Nachteil des Freigesprochenen aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel". Außerdem verletze die Anwendung der Neuregelung auf Freisprüche, die bereits zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens rechtskräftig waren, das Rückwirkungsverbot.

Die Neuregelung, die im Dezember 2021 in Kraft getreten war, sah vor, dass Tatverdächtige in Strafverfahren erneut angeklagt werden dürfen, wenn sich etwa die Beweislage geändert hat. Bis dahin war es nur in Ausnahmefällen möglich, zum Beispiel bei einem Geständnis. Bereits bei seiner Verabschiedung war die Gesetzesänderung umstritten, da sie sowohl gegen das Grundgesetz als auch EU-Recht verstieß. 

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