Syrien: Kämpfe in Idlib gehen weiter – Ankara bekräftigt Drohung gegen syrische Armee

Die syrische Armee ist in der Provinz Idlib weiter auf dem Vormarsch, musste aber auch Rückschläge hinnehmen. Der türkische Präsident erneuerte sein Ultimatum gegenüber Damaskus. Indes hantiert US-Außenminister Pompeo mit offenbar frei erfundenen Flüchtlingszahlen.

Bei ihrer Offensive gegen islamistische Aufständische in der nordwestlichen Provinz Idlib gelang der syrischen Armee am Dienstag die Einnahme von rund einem Dutzend Dörfern im Süden der Provinz. Geländegewinne erzielte sie vor allem östlich des Berges Zawiya. Die Provinz Idlib mit ihrer gleichnamigen Hauptstadt ist die letzte Hochburg islamistischer Aufständischer in Syrien. Sie genießen die politische und militärische Rückendeckung der Türkei.

Rückschläge für die Regierungstruppen gab es hingegen westlich der strategisch wichtig gelegenen Stadt Sarakib. Den von der Türkei unterstützten Kräften unter Federführung des syrischen Al-Qaida-Ablegers HTS (Haiʾat Tahrir asch-Scham, ehemals al-Nusra-Front) gelang am Dienstag nach mehreren gescheiterten Anläufen schließlich die Rückeroberung des Dorfes Nayrab.

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Dort wurden vergangene Woche zwei türkische Soldaten bei Luftangriffen getötet. Die türkische Armee hatte den Angriff der Dschihadisten auf syrische Stellungen nach Angaben Moskaus mit Panzerhaubitzen und schwerer Artillerie unterstützt.

"Zeit läuft ab" – Erdoğan droht erneut mit Militäreinsatz

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erneuerte indes sein zu Monatsbeginn ausgesprochenes Ultimatum, wonach sich die regulären syrischen Truppen bis Ende Februar auf die Positionen vor Beginn ihrer Offensive zurückziehen müssten, andernfalls werde man die Sache selbst in die Hand nehmen. Während ihres Vormarschs hat die syrische Armee knapp ein Dutzend der vom türkischen Militär in Idlib errichteten "Beobachtungsposten" umzingelt. Das syrische Militär müsse sich "umgehend" hinter die türkischen Posten in Idlib zurückziehen, die Zeit dazu "läuft ab", sagte Erdoğan am Mittwoch in Ankara.

Wir planen, unsere Beobachtungstürme von den Belagerungen auf diese oder jene Weise bis zum Ende dieses Monats zu befreien", betonte er.

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Auch US-Außenminister Mike Pompeo drängte erneut auf ein Ende der Offensive. Am Dienstagabend (Ortszeit) prognostizierte er gegenüber Journalisten in Washington:

Das [syrische] Regime wird nicht in der Lage sein, einen militärischen Sieg zu erringen.

Die syrische Offensive "erhöht nur das Risiko eines Konflikts mit unserem NATO-Partner Türkei", so der US-Diplomat. Durch die "brutalen neuen Aggressionen" des "Assad-Regimes", die "zynischerweise von Moskau und Teheran unterstützt" würden, seien mehr als drei Millionen Menschen vertrieben worden, behauptete Pompeo. Woher er diese Zahl nimmt, bleibt unklar.

Nach jüngsten Angaben der UNO flohen seit Anfang Dezember rund 950.000 Menschen vor den Kämpfen zwischen der Armee und Aufständischen – viele davon in Richtung türkische Grenze. Die Türkei hat bereits rund 3,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Erdoğan betonte am Mittwoch erneut, dass sein Land "eine neue Migrationswelle" aus Syrien nicht "stillschweigend hinnehmen" könne.

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