Die Bundeswehr hat ihre im Zentralirak eingesetzten Soldaten wegen der zunehmenden Spannungen in dem Land abgezogen. Die zuletzt 32 Männer und Frauen im Militärkomplex Tadschi seien am Dienstag mit einem Transportflugzeug A400M zur Luftwaffenbasis Al-Azraq in Jordanien gebracht worden, teilte die Bundeswehr mit. Zudem wurden bereits am Vortag drei deutsche Soldaten zusammen mit Offizieren anderer Nationen aus dem Hauptquartier in Bagdad nach Kuwait geflogen.
Ein dort genutztes Ersatz-Hauptquartier für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) soll damit wieder aufgestockt und verstärkt zur Führung des Einsatzes genutzt werden. Im nordirakischen Kurdengebiet waren am Vortag noch 117 Soldaten im Einsatz. Sie sollen zunächst weiter dort bleiben. Zuvor hatten Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) an die Obleute im Bundestag geschrieben, dass vor allem die Standorte Bagdad und Tadschi "vorübergehend ausgedünnt" würden. Die Bundesregierung reagiert damit auf die Spannungen nach der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch die USA in Bagdad.
Maas und Kramp-Karrenbauer bekräftigen, dass Gespräche zu einer Fortsetzung des Einsatzes im Irak mit der Regierung in Bagdad weiterliefen. "Selbstverständlich werden wir jede souveräne Entscheidung der irakischen Regierung respektieren", heißt es in dem Schreiben. "Wir sind grundsätzlich bereit, unsere bewährte Unterstützung in einem international koordinierten Rahmen weiterzuführen, sofern dies durch den Irak gewünscht ist und die Lage es erlaubt." Zur Lage in Bagdad und im rund 30 Kilometer nördlich gelegenen Tadschi schreiben die Minister:
Die dort eingesetzten Soldaten werden zeitnah nach Jordanien und Kuwait verlegt. Wenn die Ausbildung wieder aufgenommen werden soll, können diese Kräfte zurückverlegt werden.
Wegen der Spannungen nach dem tödlichen US-Luftangriff auf Soleimani bereitet die Koalition gegen die Terrormiliz IS einen teilweisen Abzug aus dem Irak vor. So soll das Hauptquartier für den Einsatz "Operation Inherent Resolve" nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilweise nach Kuwait verlegt werden. Insgesamt ist Deutschland mit 415 Soldaten, darunter 120 im Irak, an dem Einsatz beteiligt.
Das irakische Parlament hatte am Sonntag den Abzug der rund 5.000 im Land stationierten US-Soldaten und aller übrigen ausländischen Truppen beschlossen. Angesichts der Forderung des irakischen Parlaments stellte der Wehrbeauftragte des Bundestags den gesamten Bundeswehreinsatz in dem Krisenland infrage. Eine Entscheidung der Führung in Bagdad müsse akzeptiert werden, sagte der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels gegenüber der Passauer Neuen Presse.
Deutsche Soldatinnen und Soldaten können nicht gut gegen den ausdrücklichen Willen der irakischen Regierung und des irakischen Parlaments dem Irak weiterhelfen. Hilfe muss auch gewollt sein.
Auch Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte, dass die Bundeswehr nicht gegen den Willen der irakischen Regierung bleiben werde. "Es gibt keinen Staat, der Mitglied der Anti-IS-Koalition ist, der im Irak bleiben wird, wenn man dort nicht erwünscht ist", so der SPD-Politiker am Montagabend im heute-journal des ZDF. Letztlich entscheiden müsse dies aber die Regierung in Bagdad. "Deshalb sprechen wir zurzeit mit der Regierung." Rechtsgrundlage für das Mandat der Bundeswehr im Irak tätig zu sein, sei eine Einladung der dortigen Regierung und des Parlaments. Die Anti-IS-Koalition müsse nun schleunigst zusammenkommen, um ihr Vorgehen abzustimmen.
Die Linke-Außenpolitikerin Sevim Dağdelen begrüßte den vorübergehenden Abzug der deutschen Soldaten aus dem Zentralirak als Schritt in die richtige Richtung, verlangte aber: "Die Bundeswehr muss aus der Region komplett abgezogen werden."
Mehr zum Thema - BPK: Welche Rolle spielten US-Basis Ramstein und Deutschland bei Ermordung von Soleimani?