Von Elizabeth Blade
Journalisten in Gaza haben Schwierigkeiten, ihrer Arbeit nachzugehen, da der Internetzugang stark eingeschränkt ist und der Treibstoffmangel sie daran hindert, mobil zu bleiben. Sie arbeiten in ständiger Gefahr, durch Luftangriffe getötet zu werden, die bisher mehr als 10.000 Todesopfer unter den Bewohnern des nördlichen Gazastreifens gefordert haben.
Es ist nun mehr als einen Monat her, seit Kämpfer der islamischen Bewegung Hamas Israel einen der blutigsten Angriffe auf den jüdischen Staat seit dessen Gründung 1948 verübt haben. Am 7. Oktober wurden mehr als 1.400 Israelis brutal ermordet und über 7.000 verwundet. Als Vergeltung führt Israel derzeit einen unerbittlichen Krieg gegen die Hamas und versprach, alle für das Massaker vom 7. Oktober Verantwortlichen zu töten. Israel versprach auch, die Hamas auszumerzen, die seit 2007 den Gazastreifen regiert.
In den vergangenen fünf Wochen hat Israel den Gazastreifen, in dem 2,3 Millionen Menschen leben, mit Tausenden Bomben eingedeckt. Die Zahl der Todesopfer in der palästinensischen Küstenenklave hat die 10.000 überschritten, während Tausende immer noch unter den Trümmern begraben liegen und folglich als vermisst gelten. Unter den Getöteten sind auch palästinensische Journalisten. Den neuesten Daten zufolge haben in der aktuellen Gewaltwelle mindestens 40 von ihnen ihr Leben verloren. RT sprach mit zwei Journalisten, die aus dem Gazastreifen berichten, um ihre Meinung zum Konflikt zu erfahren und zu hören, wie es ist, unter tödlichem Beschuss arbeiten zu müssen. Einer von ihnen ist Rami Almughari, ein altgedienter Journalist im Gazastreifen. Der andere, Mansur Shuman, ist ein Neuling in seinem Beruf, aber beide beschreiben die Angst und den ständigen Geruch des Todes, der ihre Arbeit begleitet.
RT: Erzählt uns zunächst etwas über euren Werdegang.
Rami: Ich bin seit mehr als zwei Jahrzehnten in diesem Geschäft tätig und habe im Laufe meiner Karriere für Printmedien, Radio und Fernsehen gearbeitet. Ich habe für Al Monitor, New Arab, Channel News Asia und für RT berichtet. Ich habe auch an Universitäten im Gazastreifen unterrichtet. In all diesen Jahren habe ich darauf geachtet, mich keiner politischen Fraktion anzuschließen. Ich bin ein unabhängiger Journalist und werde es auch bleiben.
Mansur: Ich komme nicht aus diesem Bereich. Ich habe einen Abschluss in Ingenieurwissenschaften und einen Master in Betriebswirtschaft an kanadischen Universitäten erlangt. Seit 17 Jahren arbeite ich im Bereich Herstellung und Management von Lieferketten, im Sektor Öl und Gas, sowie in der Beratung. Mit dem Journalismus kam ich erst vor vier Wochen in Berührung, als der Konflikt ausbrach, was einen Bedarf an Englisch sprechenden Menschen hervorrief, die dabei helfen, die Stimmen von 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen in die Welt hinauszutragen.
RT: Schildert uns, wie es ist, in Kriegszeiten aus dem Kriegsgebiet zu berichten. Wie schwierig und wie gefährlich ist das? Habt ihr das Gefühl, dass ihr als Journalisten zur unmittelbaren Zielscheibe geworden seid?
Rami: Ich kann Ihnen sagen, dass die Arbeit als Journalist definitiv ein Risiko darstellt. Man bewegt sich ständig von einem Gefahrenherd zum nächsten, man redet mit Menschen, man besucht Stätten der Zerstörung, wodurch man zusätzlich gefährdet ist. Ich glaube nicht, dass Journalisten gezielt oder absichtlich ins Visier genommen werden. Jeder ist in Gefahr, jeder muss Vorkehrungen für sich selbst treffen. Aber Journalisten sind anfälliger dafür, Opfer zu werden, weil sie aufgrund der Art ihrer Arbeit stärker exponiert sind.
Ich kann dennoch sagen, dass mit der Hamas nahestehende Journalisten in der Vergangenheit gezielt angegriffen und getötet wurden. Im Jahr 2021 durchsuchte Israel die Wohnung eines Journalisten, der mit der Gruppierung in Verbindung stand und für ein lokales Radio arbeitete. Ich kann nicht sagen, dass das gerade jetzt auch geschieht. Aber die intensiven Angriffe machen alle verwundbar, und es scheint, dass Israel versucht, die Botschaft zu senden, dass wir als Journalisten nicht rausgehen und berichten sollten, um nicht in deren Visier zu geraten.
Außerdem ist dieser Krieg eine größere Herausforderung als alles andere, was wir bisher erlebt haben. Da es keinen Treibstoff gibt, müssen sich die Menschen entweder zu Fuß fortbewegen oder Esel- und Pferdewagen benutzen. Sehr oft gibt es keinen Strom oder keine Verbindung zum Internet oder zu mobilen Diensten, sodass die Informationsvermittlung eine Herausforderung darstellt. Aber wir tun weiterhin unsere Pflicht. Es gibt keine andere Alternative.
Mansur: Es ist eine große Herausforderung, als Journalist zu arbeiten, aber es ist auch sehr gefährlich. Allein die Tatsache, dass man als Journalist arbeitet, kann das eigene Leben in Gefahr bringen. Wir wissen, dass bereits 46 Journalisten in ihren Häusern und Büros getötet wurden. Man darf auch nicht die Al-Jazeera-Journalistin Shireen Abu Akleh vergessen, die 2022 von den Israelis kaltblütig ermordet wurde. Ich habe den Eindruck, dass Israel Journalisten absichtlich ins Visier nimmt, als Teil einer Panikmache, um die Verbreitung von Informationen zu verhindern. Deshalb kappen sie die Kommunikationsdienste und nehmen diejenigen ins Visier, die über die Situation hier berichten. Aber ich glaube fest an Gott und glaube, dass ich weiterhin das Richtige tun muss, nämlich die Wahrheit an die breite Öffentlichkeit weiterzugeben.
RT: Gehen wir zu den ersten Momenten nach Kriegsbeginn. Hattet ihr den Drang, zu fliehen, oder wolltet ihr bleiben und darüber berichten, was was sich vor Ort abspielt?
Rami: Es war 6.30 Uhr morgens, und ich wurde von den Geräuschen heftigen Beschusses geweckt. Ich fing sofort an, mich über die Situation zu informieren. Als meine Freunde und Bekannten mich fragten, was los sei, so erinnere ich mich, dass ich ihnen gesagt habe, das sei eine "Khalika" – das arabische Wort für Zerstörung oder Vernichtung. Mir wurde sofort klar, dass es sich um eine beispiellose Eskalation handelt. Aber ich verspürte keinen Drang zu fliehen, ich hatte das Gefühl, dass ich bleiben und berichten musste. Zuerst stellte ich sicher, dass meine Familie in Sicherheit ist. Nachdem das erledigt war, ging ich ins Büro und begann mit der Berichterstattung. Auf dem Weg dorthin sah ich die Panik und Angst in den Gesichtern der Menschen. Mir fiel auf, dass es kaum Verkehr gab, da die Leute sich wegduckten und sich versteckten. Viele waren verwirrt, besorgt und verängstigt. Ich habe mehrere Tage lang vom Büro aus berichtet, da es dort sicherer war als zu Hause. Als dann das Medienunternehmen, mit dem ich zusammenarbeitete, aus Angst um seine Sicherheit in den Süden evakuiert wurde und sich unsere Wege trennten, beschloss ich, meine Grundausrüstung zu nutzen, darunter ein Mobiltelefon und ein Mikrofon, um zu berichten und Menschen zu interviewen.
Mansur: Wir wachten um 6.30 Uhr vom Lärm von Raketen und Einschlägen auf und wussten erst nicht, was los war. Ein paar Stunden später, als die ersten Videos im Netz auftauchten, wurde uns klar, dass etwas Großes passieren und dass es Auswirkungen nicht nur auf uns in Gaza, sondern auf die ganze Welt haben würde.
Wie ich bereits sagte, war ich vor dem Krieg kein Journalist. Ich war ein Familienvater und Berater, und mein ursprünglicher Drang war, zu gehen. Aber bald wurde uns klar, dass das nicht möglich ist. Der Grenzübergang Rafah war geschlossen, also blieb ich, um die Ereignisse zu dokumentieren. Jetzt betrachte ich dies als meine religiöse, nationale und humanitäre Verpflichtung.
RT: Als Journalist habt ihr viele erschreckende und emotionale Szenen gesehen. Was war bisher das unvergesslichste?
Rami: Das Schrecklichste für mich war das Jahr 2021, als ich eine Familie interviewte, die ihr Haus verloren hatte. Ich war mir völlig sicher, dass dieses Gebiet sicher war, da es bereits bombardiert worden war und es nichts anderes zu zerstören gab. Aber während wir dort waren, wurde die Gegend erneut bombardiert, und nur durch ein Wunder blieben meine Mitarbeiter und ich am Leben.
Mansur: Ich denke, das gruseligste Erlebnis war bisher, als die ersten Raketen den Gazastreifen trafen. Sie bombardierten unsere örtliche Moschee, die sich nur 100 Meter von meinem Haus entfernt befindet. Die Explosion erschütterte unser Haus. Die Fenster bebten. Es war der echte erste Vorgeschmack auf diesen Krieg. Eine andere Sache, die mich erschütterte, war, zuzusehen, wie ein Kind seine Eltern anflehte, sie sollen aufwachen, es sei Zeit, nach Hause zu gehen. Das Kind verstand nicht, dass beide Eltern tot waren.
RT: Habt ihr selbst jemanden verloren?
Rami: Einer der Luftangriffe vor etwa drei Wochen traf ein Wohnhaus, in dem meine Tante lebte. Sie starb im Alter von 61 Jahren zusammen mit vielen anderen Mitgliedern meiner Großfamilie. Obwohl die Rettungsaktion noch andauert, liegen viele der Verstorbenen immer noch unter Trümmern und können nicht gerettet werden. Bei einer anderen Gelegenheit starb mein 27-jähriger Cousin, der eine Straße entlanglief, als die Kampfjets der Israelis ein Wohnhaus angriffen. Diese Luftschläge kommen unerwartet, und niemand kann vorhersehen, wann sie geschehen. Der Tod lauert buchstäblich überall.
Mansur: Meine Großfamilie lebt nicht in Gaza, sondern in Jerusalem, wo ich ursprünglich herkomme. Aber die Familie meiner Frau lebt im Gazastreifen, und sie hat mehrere Cousins hier, die verletzt wurden oder ihr Zuhause verloren haben. Meine Kinder haben zudem auch Klassenkameraden aus ihrer Schule verloren.
Aus dem Englischen.
Elizabeth Blade ist RT-Korrespondentin für den Nahen Osten.
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