Kampf um Wirtschaftskorridore: Israel will mit Saudis Handelsweg nach Europa aufbauen

Tel Aviv zielt darauf ab, einen Wirtschaftskorridor von der arabischen Halbinsel über Israel nach Europa zu bauen, während China sein Handelsprojekt "Neue Seidenstraße" in der Region vorantreibt. Ein offener Streit zwischen Netanjahu und Biden soll Saudi-Arabien ermutigt haben, im Gegenzug für die Annäherung an Israel weitreichende Forderungen zu stellen.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte gegenüber Bloomberg, er sei "zuversichtlich, dass er eine Vereinbarung mit den Saudis treffen kann, die offizielle diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Ländern vorsieht". Darüber hinaus sagte der Premierminister, dass – selbst wenn keine Normalisierung erreicht wird – die beiden Nationen "immer noch einen 'Wirtschaftskorridor' von der arabischen Halbinsel nach Europa bauen können, der Energie, Transport und Kommunikationstechnologie umfasst".

"Wir werden das verwirklichen", sagte Netanjahu in einem Interview mit Bloomberg TV am Sonntag in Jerusalem. "Mein Gefühl sagt mir, dass wir das realisieren werden, ob wir nun formalen Frieden haben oder nicht."

Öffentlich vertritt Saudi-Arabien die Ansicht, dass Israel zunächst die arabische Friedensinitiative von 2002 zur Gründung eines palästinensischen Staates umsetzen muss, bevor ein Normalisierungsabkommen unterzeichnet werden kann. Insgeheim verlangt Riad jedoch, dass die USA der saudischen Regierung im Gegenzug für einen möglichen Deal mit Israel feste Verteidigungsgarantien, Zugang zu modernsten Waffen und die Unterstützung bei der Entwicklung eines Atomenergieprogramms, einschließlich der Urananreicherung im eigenen Land, zusichern.

Berichten zufolge hat ein öffentlicher Streit zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden Saudi-Arabien "ermutigt", solch weitreichende Forderungen zu stellen. Tel Aviv soll jedoch "offen" für ein Abkommen sein, das Saudi-Arabien die Anreicherung von Uran und die Aufnahme von Atomforschung erlaubt. In seinem Sonntagsinterview wies Netanjahu auch Behauptungen zurück, dass Israels zunehmende Brutalität gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten den möglichen Deal mit den Saudis blockiere, und behauptete, dass diese Forderungen nicht oft Teil der Gespräche seien.

Er betonte auch, dass er einen palästinensischen Staat ohne israelische Kontrolle "nicht zulassen" würde. "Die Palästinenser sollten alle Befugnisse haben, sich selbst zu regieren, aber keine Befugnisse, Israel zu bedrohen. Das bedeutet, dass in jeder endgültigen Friedensregelung, die wir mit den Palästinensern treffen, Israel die oberste Sicherheitsgewalt in dem gesamten Gebiet hat – unsere und ihre", so der Ministerpräsident.

Trotz fehlender formeller Beziehungen haben Israel und Saudi-Arabien seit Jahren insgeheim ihre Geschäftsbeziehungen ausgebaut, insbesondere in den Bereichen Technologie und Cybersicherheit. Ende 2020 besuchte Netanjahu sogar heimlich das Königreich, um sich mit Kronprinz Mohammad bin Salman zu treffen – eine Reise, die von keiner der beiden Seiten offiziell bestätigt wurde. Riad hat zudem seinen Luftraum für Fluggesellschaften geöffnet, die von und nach Israel fliegen.

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