Ein Netflix-Film, der die Ermordung einer palästinensischen Familie durch zionistische Kräfte während des Krieges um die Gründung Israels 1948 zeigt, wird von israelischen Behörden als "falsche Darstellung" kritisiert.
"Farha", das Debüt der jordanischen Filmemacherin Darin Sallam, wurde seit seiner Veröffentlichung im letzten Jahr auf mehreren Filmfestivals auf der ganzen Welt gezeigt und ist Jordaniens Oscar-Beitrag für 2023. Der Film wird ab Donnerstag auf dem Online-Unterhaltungsdienst für ein weltweites Publikum gestreamt.
Im Mittelpunkt des Films stehen die Erlebnisse eines 14-jährigen Mädchens, das von seinem Vater während der Nakba, der arabischen Bezeichnung für die ethnische Säuberung und Vertreibung von etwa 700.000 Palästinensern, in einem Lagerraum eingesperrt wird.
Als israelische Soldaten in das Dorf kommen, wird "Farha" durch einen Spalt in der Tür der Vorratskammer Zeugin der Ermordung ihrer gesamten Familie, darunter zwei kleine Kinder und ein Baby. Im Vorspann und in der Werbung heißt es, der Film sei von wahren Ereignissen inspiriert.
Für Israels Kulturministerin "eine Schande"
"Es ist verrückt, dass Netflix beschlossen hat, einen Film zu streamen, dessen einziger Zweck es ist, einen falschen Anschein zu erwecken und gegen israelische Soldaten aufzuhetzen", betonte Israels scheidender Finanzminister Avigdor Lieberman in einer Erklärung.
Lieberman teilte auch mit, er werde prüfen, ob dem arabisch-hebräischen Kino in der mehrheitlich arabischen Stadt Jaffa, in dem der Film gezeigt worden war, die staatlichen Mittel entzogen werden sollten. Israels Kulturminister Hili Tropper erklärte, "Farha" stelle "Lügen und Verleumdungen" dar, und die Vorführung in einem israelischen Kino sei "eine Schande".
Die Darstellung von Gräueltaten, die von jüdischen Streitkräften im Krieg von 1948 begangen worden waren, ist in Israel nach wie vor ein äußerst heikles Thema. Ein Anfang dieses Jahres veröffentlichter Dokumentarfilm über das Massaker an Palästinensern in Tantura, einem zerstörten Küstendorf im heutigen Norden Israels, stieß auf breite Gegenreaktionen.
In Interviews sagte Sallam, sie habe den Film gemacht, weil zwar viele Filme die Geschichte der Palästinenser erzählen, aber nur sehr wenige sich auf die eigentliche Ursache des Konflikts und der Besatzung konzentrieren. "Farha", so Sallam, sei die Geschichte einer Freundin ihrer Mutter. Gegenüber Arab News sagte die Regisseurin:
"Die Geschichte reiste über Jahre hinweg, um mich zu erreichen. Sie blieb bei mir. Als Kind hatte ich Angst vor verschlossenen, dunklen Orten, und ich musste immer wieder an dieses Mädchen denken und daran, was ihr widerfahren ist."
Sallam fügte hinzu, dass sie zwar keine bewusste Parallele zu Anne Frank ziehen wollte, aber Ähnlichkeiten in den traumatischen Erfahrungen der beiden Mädchen im Teenageralter erkennen kann.
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